Monatsarchive: Juni 2022
Lesen
Foto Brigitte Fuchs
Ein schönes Buch ist wie ein Schmetterling. Leicht liegt es in der Hand, entführt uns von einer Blüte zur nächsten und lässt den Himmel ahnen.
Das Zitat soll angeblich zurückgehen auf Lao-Tse, auch Laotse (6. Jahrhundert v. Chr.) chinesischer Philosoph. Damals gab es aber bestimmt noch keine Bücher, höchstens Schriftrollen…
Wie dem auch sei. Die poetische Umschreibung gefällt mir.
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Schneeweisschen und Rosenrot

Fotos Brigitte Fuchs
Eine arme Witwe, die lebte einsam in einem Hüttchen, und vor dem Hüttchen war ein Garten, darin standen zwei Rosenbäumchen, davon trug das eine weiße, das andere rote Rosen; und sie hatte zwei Kinder, die glichen den beiden Rosenbäumchen, und das eine hieß Schneeweißchen, das andere Rosenrot. Sie waren aber so fromm und gut, so arbeitsam und unverdrossen, als je zwei Kinder auf der Welt gewesen sind: Schneeweißchen war nur stiller und sanfter als Rosenrot. Rosenrot sprang lieber in den Wiesen und Feldern umher, suchte Blumen und fing Sommervögel; Schneeweißchen aber saß daheim bei der Mutter, half ihr im Hauswesen oder las ihr vor, wenn nichts zu tun war. Die beiden Kinder hatten einander so lieb, daß sie sich immer an den Händen faßten, sooft sie zusammen ausgingen; und wenn Schneeweißchen sagte: „Wir wollen uns nicht verlassen,“ so antwortete Rosenrot: „Solange wir leben, nicht,“ und die Mutter setzte hinzu: „Was das eine hat, soll’s mit dem andern teilen.“
(…)
Der Anfang des Märchens „Schneeweisschen und Rosenrot“ der Gebrüder Grimm

Foto Brigitte Fuchs
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Übrigens…

Foto Brigitte Fuchs: Truthahn
Man kann sich auch mit eigenen Federn schmücken.
Brigitte Fuchs
Dazu ein Gedicht vom alten Meister:
Die Henne
Es war mal eine Henne fein,
Die legte fleissig Eier;
Und pflegte denn ganz ungemein
Wenn sie ein Ei gelegt zu schrein,
Als wär‘ im Hause Feuer.
Ein alter Truthahn in dem Stall,
Der Fait vom Denken machte,
Ward bös darob, und Knall und Fall
Trat er zur Henn‘ und sagte:
»Das Schrein, Frau Nachbarin, war eben nicht vonnöten:
Und weil es doch zum Ei nichts tut,
So legt das Ei, und damit gut!
Hört, seid darum gebeten!
Ihr wisset nicht, wie’s durch den Kopf mir geht.«
Hm! sprach die Nachbarin, und tät
Mit einem Fuss vortreten,
Ihr wisst wohl schön, was heuer
Die Mode mit sich bringt, ihr ungezognes Vieh!
»Erst leg‘ ich meine Eier,
Denn rezensier‘ ich sie.«
Matthias Claudius (1740-1815) deutscher Dichter

Foto Brigitte Fuchs
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Credo

Fotos Brigitte Fuchs
Butterblumenwiese
Manche bauen Gedichte
um darin zu wohnen
andere fahren damit zur See
Ich will sie hinter mir lassen
wie eine Butterblumenwiese
deren Glanz
ich vor Augen hatte
als ich schrieb
Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Gedichte, edition 8, Zürich 2014
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Am See

Fotos Brigitte Fuchs: am Titisee im Schwarzwald
Im tiefen Walde einsam ruht
Der See mit dämmerblauem Schein,
Es zittert in die dunkle Flut
Des Sommers heisser Mittagsschein.
(…)
Fotos Brigitte Fuchs: Titisee
Ich stand am See und lauschte hinaus,
Als müsse ich ewig lauschen,
Als ob meiner Jugend toller Braus
Noch einmal vorbei muss′ rauschen.
Franz Alfred Muth (1839-1890) deutscher Geistlicher und Schriftsteller
Erste und letzte Strophe seines Gedichtes „Am See“
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Pfingst-Anagramme
UNSER PFINGST-FEUER:
FEST, REIFUNG, SPUREN.

UNSERE PFINGST-FEUER:
GRUENE SPUREN, STEFFI.

DER PFINGST-GARTEN:
PRANGT FEINST, GERD.

DIESE PFINGST-ROSEN,
SOFT, SIND GEPRIESEN!

Alle Fotos Brigitte Fuchs
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Reise
Foto Brigitte Fuchs
Der Löwenzahn ist nun verblüht.
Der Frühlingswind hat leichtes Spiel:
Ein Hauch, ein Stoss, es braucht nicht viel
und alles fliegt und schwebt und sprüht.
Die Samenschirmchen reisen fort
auf wundersame Art und Weise.
Sie kennen nicht das Ziel, den Ort,
nicht mal den Sinn von Flug und Reise.
Brigitte Fuchs

Foto Brigitte Fuchs
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Mein Bruder Baum
Foto Brigitte Fuchs
Mein Bruder Baum, du stummer Beter:
Wir tauchen Stirn und Hand in reinen Äther
und werfen unser Jauchzen in den Wind.
Wir sind! Wir sind!
Karl Bröger (1886-1944) deutscher Arbeiterdichter
Aus der Sammlung „Höher mein Herz“
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Der Langsamste…
Foto Brigitte Fuchs
Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den
Augen verliert, geht noch immer geschwinder,
als jener, der ohne Ziel umherirrt.
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) deutscher Schriftsteller und Dramatiker der Aufklärung
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Klischee

Fotos Brigitte Fuchs: Impressionen aus Baden/AG
So viel Frühsommer neue Wege und eigene
Füsse und das ist noch nicht mal alles
worauf sie steht andauernd spult sie den
immergleichen auffallend dokumentarischen
Streifen ab vor den Stadtlandflussaugen
die sie halb schliesst oder nach Belieben
aufreisst die Bildfolge zeigt eine auf hohem
Niveau geträumte Zusammenfassung von
Konversation und Leichtsinn noch im Winter
lassen sich diese kleinen lässlichen Sünden
wie Shampoo auf dem Haar verteilen
Brigitte Fuchs
Aus „Solange ihr Knie wippt“ Gedichte, edition 8, Zürich 2002
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