Monatsarchive: Juni 2024

Der Adler.

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Der Adler ist im Grund ein Lump,
Er könnt‘ herunten bleiben,
Er braucht sich über Wolken nicht
Dort stolz herum zu treiben.

Wir thäten ihn auf unsrem Hof
Mit Weizenkörnern mästen
Und setzten ihn am Sonntag dann
Gebraten vor den Gästen.

 

 

Adolf Pichler (1819-1900) österreichischer Schriftsteller und Naturwissenschaftler

 

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Am Fluss

Fotos Brigitte Fuchs

 

(…)

Ob dunkeln Spiegeln nicken Schilf und Röhricht,
Verschlafen glucksend weisse Blasen schäumen.
Es ist so recht zu sinnen und zu träumen
Die Stunde – schönheitsfroh – glückstrunken – töricht.

 

 

Cornelia Kopp, deutsche Dichterin, lebte Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts
Letzte Strophe des dreistrophigen Gedichte „Am Fluss“

 

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Mauerblümchen

Foto Brigitte Fuchs

 

Neben den scheuen, unscheinbaren und zurückhaltenden jungen Frauen, die kaum beachtet werden und früher als Mauerblümchen galten (warum eigentlich nur die Frauen, nie die schüchternen Jungs?), gibt es sie tatsächlich, die Mauerblümchen.

Das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis) ist allerdings gar nicht so unscheinbar, wie es den Anschein erweckt. Es steckt voller Widerstandskraft und überlebt auch umwelt- und wetterbedingte Extremsituationen fast unbeschadet.

Im Gedichtzyklus „Die Blumen und das Leben“ beschrieb Ludwig Bechstein das Zimbelkraut folgendermassen:

 

„Niedliche Pflanze, du kleidest der alten Ruine Gemäuer, rankend hinab und hinauf blühest du einsam für dich. Sey der Erinnerung Bild, die, der Einsamkeit traute Genossin, oft des vergangenen Glücks sinkendes Luftschloss, umgrünt.“

 

Ludwig Bechstein (1801-1860) deutscher Schriftsteller, Bibliothekar und Archivar

 

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Hüt‘ dich vor Wünschen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Hüt‘ dich vor Wünschen, Menschenskind!
Die guten flattern fort im Wind
Und keiner ist, der taubenfromm
Zurück mit grünem Ölblatt komm!

Die schlimmen hascht der Teufel ein
Und stutzt nach seinem Sinn sie fein,
Erfüllt sie dir zu Leid und Last,
Wenn du sie längst bereuet hast.

 

Bernhard Endrulat (1828-1886) deutscher Schriftsteller und Staatsarchivar

 

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Das Wenigste gerade

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Das Wenigste gerade, das Leiseste, Leichteste, einer Eidechse Rascheln, ein Hauch, ein Husch, ein
Augen-Blick — Wenig macht die Art des besten Glücks.
Still!

 

Friedrich Nietzsche (1844-1900) deutscher Philosoph, Schriftsteller, Essayist und Dichter
Aus „Also sprach Zarathustra“

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Stufen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Du musst nach oben schaun, zu sehn, wie viel noch Stufen

Des Bessern übrig sind, wozu du bist berufen.

Du musst nach unten schaun, um auch zu sehn zufrieden,

Wieviel dir Bessres schon als andern ist beschieden.

 

Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter

 

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Limericks 148 und 149

Foto Brigitte Fuchs

 

Pirmin Müller, ein Schmied aus Waldreben,
der erwarb einen Töff sich soeben.
Diesen fand er famos
und er knatterte los, –
wollte „Aben“ und „teuer“ erleben.

 

Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs: Das Nummernschild am Roller wurde verfremdet

 

 

Karin Meier, die Ärztin vom Land,
nahm am liebsten die Vespa zur Hand.
Und sie fuhr stets gemach,
dabei dachte sie nach
übers Leben und noch allerhand.

 

Brigitte Fuchs

 

 

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Der Weise auf dem Lande

Foto Brigitte Fuchs

 

(…)

Sieh hin, wie über grüne Hügel
Der Tag, bekränzt mit Rosen, naht!
Ihn kühlen Zephyrs linde Flügel,
Der jüngst das Frühlingsfeld betrat.
Nun taumelt Flora durch die Triften:
Nun schwingt sich aus betauter Saat
Die Lerche schwirrend nach den Lüften.

Dort, wo im Schatten schlanker Buchen
Die Quelle zwischen Blumen schwätzt;
Seh ich die Muse mich besuchen,
Wo tiefe Stille sie ergetzt.
Da singt sie kühn in ihre Saiten,
Indes, vom Morgentau benetzt,
Die Haare flatternd sich verbreiten.

(…)

 

Johann Peter Uz (1720-1796) deutscher Dichter
Zwei von zehn Strophen des gleichnamigen Gedichtes

 

 

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Hinter dem Blumenladen

Fotos: Brigitte Fuchs

 

 

Sie ruht dort unbeachtet die Schöne

aus Alabaster gründlich missverstanden

zwischen Aufblühen und Entschlafen –

Im Blumenladen verlangen sie duftende

Sträusse für feierlich gezählte Tage für

Lügen und Beschönigungen in Reseda

oder Himbeerrot während draussen ein

Lieferwagen aus Frankreich im Halteverbot

parkt und im angrenzenden Garten das

späte Sommerlicht unerhört sanft auf

dem nackten Frauenkörper verweilt

 

 

Brigitte Fuchs
Aus: „Es tanzt der Stein“, Gedichte, edition 8, Zürich 2014

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Bootsfahrt

Foto Brigitte Fuchs

 

 

   Bootsfahrt auf dem See –

Sachprosa und Poesie

bei leisem Seegang

 

 

Brigitte Fuchs

 

 

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