Noch flieht der Blick des jungen Tags
der Berge nebelgraue Gipfel,
und schon entschwebt, gemessnen Schlags,
die erste Krähe ihrem Wipfel.
Der schwankt, befreit von schwerer Last,
dass rings die Zweige sich bewegen:
Fahlsilbern sprüht von Ast zu Ast
des Frühthaus feiner Flüsterregen.
Doch eh‘ sein Flüstern noch erstickt,
enttönt ein „Krah“ dem stillen Raume:
Der Vogel hat am Wolkensaume
das erste blasse Rot erblickt.
Auf allen Wipfeln wacht es auf
und schüttelt sich und ruft nach Thaten …
In lautem Streiten und Beraten
erhebt sich endlich Hauf um Hauf.
Nur zwei Gewitzte warten schlau,
bis alles nach und nach verstoben,
sie wissen einen nahen Bau,
den gestern Jäger ausgehoben.
Ein Käuzleinflügel harrt hier noch,
die Kecken lecker zu belohnen –:
Das Paar umkreist erregt das Loch …
Braungolden glänzt das Meer der Kronen …
Christian Morgenstern (1871-1914) deutscher Dichter, Schriftsteller und Übersetzer
Aus „Auf vielen Wegen“ 1897
Alle Fotos Brigitte Fuchs
dass sie fliegen können
ist das eine
aber dass sie die balance nicht verlieren
um das beneide ich sie allemal
vogelsein ist nicht alles
aber menschsein auch nicht
rosadora zu früher stunde
Stimmt beides, Rosadora.
Mensch- oder Vogelsein ist nicht alles. :–)
Lieben Sonntagsgruss zu dir.
die psycho-studie der schwarz befrackten luftlebewesen vermag zu überzeugen. ich beobachte sie immer wieder auf dem giebel des nachbaurhauses. es ist ein pärchen, das ich josefine und jacques getauft habe 😉
glg. durch den nebel, krah.
Das finde ich wunderbar, dass du den beiden Schwarzröcken Namen gegeben hast, Merlin.
Ich muss mir für die Gäste der nahen Eichenbäume auch Namen ausdenken.
Vielleicht Pia und Piermario. :–)
Hab einen gemütlichen Tag unter der Nebeldecke!
finde ich toll! v.a. piermario gefällt mir! 🙂
Dann bleibe ich dabei. 🙂
So fein hat Morgenstern beobachtet, man kann sogar allerlei Menschenähnliches im Leben der Krähen entdecken. 🙂
Liebe Grüße von Eva
Ja, so sehe ich das auch.
Ein bisschen Hinterlist, ein wenig Verschlagenheit. ;–)
Dir einen schönen Sonntag, liebe Eva!
Liebe Brigitte,
da hast Du wieder ein wundervolles Gedicht herausgesucht, das einfach schöne Bilder weckt.
Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.
Viele liebe Grüße
Wolfgang
Das freut mich, Wolfgang.
Herzlichen Sonntagsgruss zu dir und euch.
„des Frühthaus feiner Flüsterregen“ – welch sinnliche Formulierung.
Hier flüstert der Regen – gleich mal in Ruhe zuhören.
Danke für den Impuls 😉
Gerne. Hier flüstert nur ganz leicht der Wind, Mona Lisa.
Aber die Formulierung von Morgenstern finde ich auch echt schön.
Sei lieb gerüsst!
Es schüttelt mich und ruft nach Thaten…
Auch ich war heute spät
allein die Träume
waren sonderbar und gut
Liebe Grüsse
Gerhard
Der Tag ist noch lang, Gerhard.
Da ist noch so viel möglich :–)
Ebenfalls liebe Grüsse.