Lieb‘ Mäuslein

Foto Brigitte Fuchs

 

 

„Hab‘ Acht, lieb‘ Mäuslein“, sprach Mutter Maus,
„Es frisst dich die Katze, gehst du heraus;
Und entkömmst du auch ihren Krallen,
So drohen auf allen Seiten dir Fallen.
Und – thu mir nie nach dem Specke lungern!“ –
Da fiel Vater Maus begütigend ein:
„Geh‘, Mütterchen, lass das Predigen sein;
Im Leben heisst’s: wagen oder verhungern.“

 

Gedichtchen von Unbekannt
Aus „Fliegende Blätter“, humoristische deutsche Wochenschrift (1845-1944)
Gelesen bei Aphorismen.de

 

 

Foto Brigitte Fuchs

Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte | 22 Kommentare

Anagramm-Zweizeiler 613

Foto Brigitte Fuchs

 

 

MAL WIEDER TAUWETTER

WALD TRAEUMTE WEITER

 

 

Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs

 

Veröffentlicht unter Anagramme, Bilder | 20 Kommentare

Limerick 156

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Es sassen der Karl und die Käthe

gelangweilt am Nachmittag späte

beim Bordstein herum

und Karl fand es dumm,

dass Käthe ihn eiskalt verschmähte.

 

Brigitte Fuchs

 

 

Veröffentlicht unter Bilder, Kapriolen | 28 Kommentare

Morgenlicht

Foto Brigitte Fuchs

 

Wenn du am Morgen aufstehst, dann sage Dank für das Morgenlicht, für dein Leben und die Kraft, die du besitzt.
Sage Dank für deine Nahrung und die Freude, am Leben
zu sein. Wenn du keinen Grund siehst, Dank zu sagen,
liegt der Fehler bei dir.

 

Tecumseh (1768-1813), eigentlich Tecumtha oder Tikamthi „Der sich duckende Berglöwe“, politischer und militärischer Führer der nordamerikanischen Shawnee-Indianer (Sein Geburtsjahr ist nicht verbürgt.)

 

Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte | 24 Kommentare

In Wirklichkeit

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Es ist ein sehr gewöhnlicher und weit verbreiteter Aberglaube, dass jeder Mensch ganz bestimmt ausgeprägte Eigenschaften habe, dass es also schlechtweg gute, böse, kluge, dumme, energische, apathische usw. Menschen gebe. In Wirklichkeit sind die Menschen nicht so beschaffen. Wir können von einem Menschen nur sagen, dass er häufiger gut als böse, häufiger klug als dumm, häufiger energisch als apathisch ist und umgekehrt; es wird der Wahrheit nicht entsprechen, wenn wir von dem einen Menschen sagen, er sei immer gut oder klug, und von einem andern, er sei immer böse oder dumm. Gleichwohl teilen wir die Menschen immer so ein – wie gesagt, mit Unrecht. Die Menschen sind wie die Ströme: das Wasser ist in allen gleichartig, überall ein und dasselbe, doch jeder Strom ist bald schmal und schnellfliessend, bald breit und langsamfliessend, ist abwechselnd rein, kalt, trübe oder warm.

(…)

Leo Tolstoi (1828-1910) russischer Schriftsteller
Aus „Auferstehung. Erstes Buch“

 

 

Foto Brigitte Fuchs

 

Veröffentlicht unter Bilder, Texte | 24 Kommentare

Buchfink

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Ein kleiner Buchfink

sitzt im Schnee – vielleicht ist das

sein erster Winter

 

 

Brigitte Fuchs

 

 

Veröffentlicht unter Bilder, Haiku | 16 Kommentare

Nebel

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Wenn es von der Sonnenwärme aus den Tälern und Wäldern dampft, wie warm schwillt da auch das Menschenherz! Diese phantasieschwangeren Nebel, was gebären sie alles!

 

 

Richard Dehmel (1863-1920) deutscher Schriftsteller, Lyriker, Dramatiker und Kinderbuchautor

 

Veröffentlicht unter Bilder, Zitate | 20 Kommentare

Die Zeit geht nicht

Foto Brigitte Fuchs

 

Die Zeit geht nicht, sie stehet still,
Wir ziehen durch sie hin;
Sie ist ein Karavanserei,
Wir sind die Pilger drin.

Ein Etwas, form- und farbenlos,
Das nur Gestalt gewinnt,
Wo ihr drin auf und nieder taucht,
Bis wieder ihr zerrinnt.

Es blitzt ein Tropfen Morgentau
Im Strahl des Sonnenlichts;
Ein Tag kann eine Perle sein
Und ein Jahrhundert nichts.

Es ist ein weisses Pergament
Die Zeit, und jeder schreibt
Mit seinem roten Blut darauf,
Bis ihn der Strom vertreibt.

An dich, du wunderbare Welt,
Du Schönheit ohne End‘,
Auch ich schreib‘ meinen Liebesbrief
Auf dieses Pergament.

Froh bin ich, dass ich aufgeblüht
In deinem runden Kranz;
Zum Dank trüb‘ ich die Quelle nicht
Und lobe deinen Glanz.

 

Gottfried Keller (1819-1890) Schweizer Schriftsteller, Dichter und Politiker

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte | 22 Kommentare

Winterwanderung

Fotos Brigitte Fuchs: Känerkinden, Basel-Landschaft

 

 

Da liegt sie, die grosse Pastete,
Die weite Landschaft vor mir,
Herr Winter, der wack’re Konditor,
Versah sie mit Schmuck und Zier.

Dass er so viel Zucker streute,
Geschah den Kindern zulieb,
Doch was er mit glitzernder Reimschrift
Darauf und darüber schrieb –

Das ist für den Wanderer,
Das ist für mich, für mich,
Und ich deut‘ und entziff’re
Die Schrift auch Strich für Strich.

Das nichtigste Ding erglänzet
Im Strahl des Sonnenlichts,
Was macht nach diesem Exempel
Manch Einer aus seinem Nichts!

Drauf krächzt die heisere Dohle,
Ich nick‘ und lache dazu,
Im Thale wirds trüb und neblig,
Es ballt sich der Schnee am Schuh –

(…)

 

Franz Stelzhamer (1802-1874) österreichischer Dichter und Novellist
Erste fünf von 14 Strophen seines Gedichtes „Winterwanderung“

 

Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte | 16 Kommentare

Drei Könige, drei Kronen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Meine Krone heisst Zufriedenheit.
Eine Krone, die selten Könige erfreut.

 

William Shakespeare (1564-1616) englischer Dichter, Dramatiker, Schauspieler und Theaterleiter

 

Es ist nicht die Krone und das Reich, was einen König macht.

 

Novalis (1772-1801) deutscher Lyriker

 

Der Krone würdig sein, ist mehr, als Kronen tragen.

 

Johann Friedrich von Cronegk (1731-1758) deutscher Dichter und Schriftsteller, ansbachischer Hof-, Regierungs- und Justizrat

Alle drei Sätze gelesen bei Aphorismen.de

 

Veröffentlicht unter Bilder, Sätze | 23 Kommentare