In den starren Tag

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Wenn die Furcht nicht wäre
vor dem falschen Wort indes
die Hand sich ausstreckt nach
der Haut nach dem flackernden Haar
und wir beidseits der Grenzen erwachen
am Morgen die begradigten Ufer
begehen mit raschem Schritt

Wohl hätte ich Lust
mich ins Kreischen der Vögel
zu mischen und hätte auch
Stimme genug

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Suchbild mit Garten“ Gedichte, Kukuruz Verlag, Lüchingen 1998

 

 

 

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Der Frühlings-Krokus

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Der Frühlings-Krokus

(auch Elfen-Krokus genannt)

erzählt uns vom Lenz

 

 

Brigitte Fuchs

 

 

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Warten

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Der Abendhimmel ist mir wie ein Fenster

– und eine brennende Lampe –

und ein Warten dahinter.

 

 

Rabindranath Tagore (1861-1941) indischer Dichter, Maler, Komponist und Musiker

 

 

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Guter Tag

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Guter Tag. Da prüft man doch: was bringt er?
Und wie langsam liest man seine Schrift.
Rascher, reiner, kühner, unbedingter:
oh wie uns die Freude übertrifft.

Ist uns als Künftigste zuvor,
wendet sich und blickt und macht uns schneller,
und wir folgen wie die Vogelsteller,
und das Herz klingt oben bis ins Ohr.

Glück: was rollt das schwer auf seinem Rade,
müde, immer wieder unbereit;
aber Freude steht und blüht gerade,
und wir treten an die Jahreszeit.

 

 

Rainer Maria Rilke (1875-1926) Lyriker deutscher und französischer Sprache
Gedicht, das im Winter 1913/14 in Paris entstand

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Dein Tag

Fotos Brigitte Fuchs

 

Wenn nach der Ruhe du vom Lager dich erhebst,
Reicht dir der Morgen einen schimmernden Pokal
Aus goldnem Licht und aus zwölf Perlen schön geschmiedet,
Und sagt dir, der Pokal sei dein und heisse: Tag.
Weisst du, was es bedeutet, ihn in Händen halten,
Den grossen, leeren, fordernden Pokal?

(…)

 

Marie Feesche (1871-1950) deutsche Lyrikerin und Erzählerin
Anfangszeilen des Gedichtes „Dein Tag“
Aus dem Büchlein „Erntesegen“, Verlag Heinrich Feesche, Hannover 1921

 

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Anagramm-Zweizeiler 572

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

WUNDERDING, FALL NUR

GERN IN WALD UND FLUR!

 

 

Brigitte Fuchs

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Gruppenfoto

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Man muss sich beeilen, wenn man etwas sehen will, alles verschwindet.

 

 

Paul Cezanne (1839-1906) französischer Maler

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 

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Februartag eisig

Fotos Brigitte Fuchs: Ballypark Schönenwerd an einem früheren 6. Februar

 

 

Es knirscht auf den Parkwegen
beidseits im Neuschnee sind
Nachrichten zu lesen
harsche Fakten von allerlei
Kreaturen Schrittmuster
Spurwechsel Raufereien mit
ungewissem Ausgang

Windböen zerzausen die
Schilfschöpfe am Ufer
noch ist die Eisdecke für
Abschweifungen zu dünn

Weit draussen steckt halb
eingefroren eine Sandkasten-
Schaufel und sticht den sechsten
Februartag knallrot für uns aus

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“, Gedichte, edition 8, Zürich 2014

 

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Der Axtdieb

Foto Brigitte Fuchs

 

Ein Mann fand eines Tages seine Axt nicht mehr. Er suchte und suchte, aber
sie war verschwunden. Der Mann wurde ärgerlich und verdächtigte
den Sohn seines Nachbarn, die Axt genommen zu haben.
An diesem Tag
beobachtete er den Sohn seines Nachbarn ganz genau. Und tatsächlich:
Der Gang des Jungen war der Gang eines Axtdiebs. Die Worte, die er sprach, waren die Worte eines Axtdiebs. Sein ganzes Wesen und sein Verhalten waren die eines Axtdiebs.

Am Abend fand der Mann die Axt durch Zufall hinter einem grossen Korb in seinem eigenen Schuppen. Als er am nächsten Morgen den Sohn seines Nachbars erneut betrachtete, fand er weder in dessen Gang noch in seinen Worten oder seinem Verhalten irgendetwas von einem Axtdieb.

 

 

Nach Laotse, 6. Jahrhundert v. Chr. chinesischer Philosoph

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 

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Februar

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Schon leuchtet die Sonne wieder am Himmel
und schmilzt die Schneelast von den Dächern
und taut das Eis auf an den Fenstern
und lacht ins Zimmer; wie geht´s? wie steht´s?

Und wenn es auch noch lang nicht Frühling,
so laut es überall tropft und rinnt…
du sinnst hinaus über deine Dächer…
du sagst, es sei ein schreckliches Wetter,
man werde ganz krank! und bist im stillen
glückselig drüber wie ein Kind.

 

 

Cäsar Otto Hugo Flaischlen (1864-1920) deutscher Lyriker und Mundart-Dichter

 

 

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