Archiv der Kategorie: Gedichte
Epirrhema
Fotos Brigitte Fuchs
Müsset im Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten:
Nichts ist drinnen, nichts ist draussen;
Denn was innen, das ist aussen.
So ergreifet ohne Säumnis
Heilig öffentlich Geheimnis.
Freuet euch des wahren Scheins,
Euch des ernsten Spieles:
Kein Lebendiges ist ein Eins,
Immer ists ein Vieles.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) deutscher Dichter und Universalgelehrter
Fotos Brigitte Fuchs
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Nach dem Regen
Foto Brigitte Fuchs
Die Vögel zwitschern, die Mücken
tanzen im Sonnenschein.
Tiefgrüne, feuchte Reben,
gucken ins Fenster herein.
Die Tauben girren und kosen,
dort auf dem niederen Dach.
Im Garten jagen spielend,
die Buben den Mädeln nach.
Es knistert in den Büschen,
es zieht durch die helle Luft,
das Klingen fallender Tropfen,
der Sommerregenduft.
Ada Christen (1839-1901) österreichische Dichterin
Foto Brigitte Fuchs
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Milchweisser Himmel
Foto Brigitte Fuchs
Milchweisser Himmel die
Freunde sind im Schwarzwald
oder auf den ägäischen Inseln
unter dem Vogelhaus flaniert
galant und weltgewandt
der stiefellose Kater
Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Gedichte, edition 8, Zürich 2014
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Das Leben
Fotos Brigitte Fuchs
Das Leben zeugt Blumen und Bienen. Blumen, das sind die schöpferischen Geister, und Bienen die anderen, die daraus Honig sammeln.
Christian Morgenstern (1871-1914) deutscher Dichter und Schriftsteller
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Zurückgelassen
Foto Brigitte Fuchs
In den Ferien weiss ich nicht,
wie es den Sonnenblumen zu Hause
auf dem Balkon geht.
Auf meinen Anruf sind sie
nicht an den Apparat gegangen.
Ihre Knospen waren vielversprechend.
Ich hoffe, der Hagelzug hat sie verschont.
Sie waren einfach da
aus Vogelfutter,
wild gewachsen,
nicht geplant.
Das imponiert mir.
Viktor Steinhauser *1956, Schweizer Geologe, Lehrer und Schriftsteller
Gefunden in der orte „Poesie Agenda 2025“, mit Erlaubnis des Autors
Foto Brigitte Fuchs
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Erinnerung
Foto Brigitte Fuchs: Bild in einem Schaufenster in Zofingen
Hier will ich sitzen und ruhen
An diesem lieblichen Ort,
Will schweifen lassen das Auge
In’s Weite von Ort zu Ort.
Will stille sitzen und denken
An Alles was ich geliebt,
Will Alles, Alles vergessen,
Was mich verletzt und betrübt.
Und kann ich es denn verbannen,
Woran ich nicht denken will?
Wie bleibt es beim frohen Erinnern
Im Herzen so öd’ und so still!
Es sind so innig verbunden
In mir die Freuden und Weh’n,
Dass nur vereint sie entschlummern,
Vereinigt nur aufersteh’n!
Luise Büchner (1821-1877) deutsche Frauenrechtlerin und Schriftstellerin; Schwester von Georg Büchner
Aus „Frauenherz. Gedichte“, Berlin: Max Hirsch 1862
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Im Park
Foto Brigitte Fuchs
Mittagszauber
Goldstaub die Luft! – Der stille Park verträumt,
Die Rosen schwer, vom eignen Dufte trunken,
Und jeder Halm von weissem Licht umsäumt,
Und selbst das Erlenlaub in Schlaf versunken.
(…)
Hedwig Dransfeld (1871-1925) deutsche Politikerin, Schriftstellerin und Lehrerin
Erste von fünf Strophen ihres Gedichts „Mittagszauber“
Fotos Brigitte Fuchs
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Der Baum
Foto Brigitte Fuchs
Trotzig
Trug ich mein zauses Haupt
Stiess gegen die Wolken an
Lockte den Donner gern
Wenn ein Sturm
Tückisch griff nach meinen Vögeln
Die mir in den Achselhöhlen schliefen
Ich boxte ihn tot
Aber seitdem
Drunter eine blasse Winde
Mit den blassen Ärmchen mich umarmt
Veracht ich den Kampf
Ich habe nur einen Wunsch noch
Niederzubeugen
Niederzubersten
Um besser nur
Ihren Duft zu atmen
Yvan Goll (1891-1950) deutsch-französischer Dichter
Foto Brigitte Fuchs
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Der Vogelflug
„O, sieh’, welche Wonne hier oben uns blüht,
Wenn kreisend wir schweben im blauen Zenith,
Und unter uns dehnt sich gebreitet
Die herrliche, sonnenbeschienene Welt,
Umspannt vom erhabenen Himmelsgezelt,
An dem nur Dein Blick uns begleitet!“
Otto Lilienthal (1848.1896) deutscher Luftfahrtpionier
Gedichtstrophe aus seinem Band „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ – Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik“. Das Buch ist die wichtigste flugtechnische Veröffentlichung aus der Frühzeit der Luftfahrt. Die erste Auflage erschien im Oktober 1889 bei R. Gaertners Verlagsbuchhandlung in Berlin in einer Auflage von 1000 Exemplaren; dieser folgte 1910 eine zweite Auflage bei Oldenbourg. Erst nach der Veröffentlichung seines epochalen Werks ging Lilienthal an den Bau von Gleitflugzeugen.
Beide Fotos Brigitte Fuchs
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Sommermittag
Fotos Brigitte Fuchs: Alte Mühle beim Schloss Hallwil
Nun ist es still um Hof und Scheuer,
Und in der Mühle ruht der Stein;
Der Birnenbaum mit blanken Blättern
Steht regungslos im Sonnenschein.
Die Bienen summen so verschlafen;
Und in der offnen Bodenluk‘,
Benebelt von dem Duft des Heues,
Im grauen Röcklein nickt der Puk.
Der Müller schnarcht und das Gesinde,
Und nur die Tochter wacht im Haus;
Die lachet still und zieht sich heimlich
Fürsichtig die Pantoffeln aus.
Sie geht und weckt den Müllerburschen,
Der kaum den schweren Augen traut
„Nun küsse mich, verliebter Junge;
Doch sauber, sauber! nicht zu laut.“
Theodor Storm (1817-1888) deutscher Schriftsteller, Novellist und Dichter
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