Archiv der Kategorie: Gedichte

Sprich nicht immer

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Sprich nicht immer
Von dem laub .
Windes raub .
Vom zerschellen
Reifer quitten .
Von den tritten
Der vernichter
Spät im jahr .
Von dem zittern
Der libellen
In gewittern
Und der lichter
Deren flimmer
Wandelbar .

 

 

Stefan George (1868-1933) deutscher Dichter

 

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Herbst

Fotos Brigitte Fuchs

 

1.

Nun kommen die letzten klaren Tage
Einer müderen Sonne.
Bunttaumelnde Pracht,
Blatt bei Blatt.
So heimisch raschelt
Der Fuss durchs Laub.

O du liebes, weitstilles Farbendlied!
Du zarte, umrissreine Wonne!

Komm!
Ein letztes Sonneblickchen
Wärmt unser Heim.
Da wollen wir sitzen,
Still im Stillen,
Und in die müden Abendfarben sehn.
Da wollen wir beieinander sitzen
In Herbstmonddämmer hinein
Und leise
Verlorene Worte plaudern. —

 

 

Johannes Schlaf (1892-1941) deutscher Dramatiker, Erzähler und Übersetzer
Erster von zwei Zyklen seines Gedichtes „Herbst“

 

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Erlebnis

Foto Brigitte Fuchs

 

 

In des Sommers reifer Lust
überkam dich Herbst. Du neigtest,
wissend und doch unbewusst,
Haupt und Blick. Im Schreiten zeigtest
du mit ausgestreckter Hand
auf ein Beet mit hellen Blüten;
standest plötzlich wie gebannt,
und mit Worten, die sich mühten,
sprachst du bittend: „Sing die Weise,
die du einmal mich gelehrt.“
„Welche?“ fragt‘ ich abgekehrt.
„Von der Demut“, klang es leise.

 

 

Alfred Grünewald (1884-1942) österreichischer Schriftsteller und Lyriker

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Das Zeichen

Fotos Brigitte Fuchs

 

Und wie wir uns ersehen,
Tief eins ins andre gehen,
Es bleibt doch nicht bestehen:
So wenig wie ein Kuss.

Es bleibt um Brust und Wangen
Nichts von so viel Verlangen,
Kein Zeichen bleibet hangen
Auch von so vielem Glück.

Und trügest du ein Zeichen,
Ein purpurrotes Zeichen
Es müsste auch verbleichen,
Es ginge auch dahin!

 

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) österreichischer Lyriker, Dramatiker und Erzähler

 

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Es ist das selige Bangen

Fotos Brigitte Fuchs

 

(…)

O dieses zarte Zirpen und Girren,
Dies junge Gezwitscher und Schwirren,
Klingt hold wie Gräser im Wind,
Als ob über blanken Kieseln
Mit heimlichem Rauschen und Rieseln
Das murmelnde Wasser verrinnt.

(…)

 

Paul Verlaine (1844-1896) französischer Lyriker
Aus dem Gedicht „Es ist das selige Bangen“ die mittlere von drei Strophen

 

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Abends unter der Linde

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

(…)

Es säuselt in dem Laub der Linde;
Es flüstert im Akazienstrauch.
Mir schmeichelt süss, mir scheichelt linde
Des grauen Abends lauer Hauch.
Es spricht um mich, wie Geistergruss;
Es weht mich an, wie Engelkuss.

(…)

 

Ludwig Gotthard Kosegarten (1758-1818) deutscher Pfarrer, Uni-Professor und Dichter
Mittlere Strophe des Gedichtes, welches von Franz Schubert vertont wurde

 

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Das gelbe Laub erzittert

Foto Brigitte Fuchs

 

 

 

XII

Das gelbe Laub erzittert,
Es fallen die Blätter herab.
Ach! alles was hold und lieblich
Verwelkt und sinkt ins Grab!

(…)

 

 

Heinrich Heine (1797-1856) deutscher Dichter und Schriftsteller
Erste Strophe des gleichnamigen Gedichts
Aus „Sonntagsblätter“

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Im Herbst

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Der schöne Sommer ging von hinnen,
Der Herbst der reiche, zog ins Land.
Nun weben all die guten Spinnen
So manches feine Festgewand.

Sie weben zu des Tages Feier
Mit kunstgeübtem Hinterbein
Ganz allerliebste Elfenschleier
Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.

(…)

Wilhelm Busch (1832-1908) deutscher Zeichner, Maler und Dichter
Die ersten zwei der vier Strophen seines Gedichtes „Im Herbst“

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Ausflug

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Fliegen fliegen mal haushoch mal

knapp über den Köpfen der Männer

die erschrocken ihre Gedanken

festhalten und fortschreiten in Sorge

ja dann eben weiter fliegen sich

aufschwingen in die Weite die Tiefe

eine Runde noch wirbeln schwirren

im Blau sich drehen und wenden

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Musik von weit her“, Gedichte, edition 8, Zürich 2020

 

 

Foto Brigitte Fuchs: Goldfliege

 

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Immer wieder schön

Fotos Brigitte Fuchs: Uffikoner Moorlandschaft

 

 

Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fliessen.

 

Eduard Mörike (1804-1875) deutscher Dichter
Sein wohl berühmtestes Herbstgedicht, entstanden 1827

 

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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