Archiv der Kategorie: Gedichte
Kornrauschen
Fotos Brigitte Fuchs
(…)
Rückt die Sonne rot der Erde zu,
Wird im Korne immer tiefre Ruh,
Und der liebe Wind hat’s eingewiegt,
Wenn die Mondnacht schimmernd drüber liegt.
Wie von warmem Brot ein lauer Duft
Zieht mit würz’gen Wellen durch die Luft.
Ferdinand Avenarius (1856-1923) deutscher Dichter
Letzte Zeilen seines Gedichtes „Kornrauschen“

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Ich bin der Juli

Fotos Brigitte Fuchs
Grüß Gott! Erlaubt mir, dass ich sitze.
Ich bin der Juli, spürt ihr die Hitze?
Kaum weiss ich, was ich noch schaffen soll,
die Ähren sind zum Bersten voll;
reif sind die Beeren, die blauen und roten,
saftig sind Rüben und Bohnen und Schoten.
So habe ich ziemlich wenig zu tun,
darf nun ein bisschen im Schatten ruhn.
Duftender Lindenbaum,
rausche den Sommertraum!
Seht ihr die Wolke? Fühlt ihr die Schwüle?
Bald bringt Gewitter Regen und Kühle.
Paula Dehmel (1862-1918) deutsche Schriftstellerin, Lyrikerin und Kinderbuchautorin
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Herzschlagzeilen

Foto Brigitte Fuchs
Wieviele Fuchssommer
stehen bevor
wie lange noch
brennt dein Zeichen
mir unter dem Fell.
Wer hält uns danach
und wer weiss was
zugut.
Noch zehre ich
stündlich
von den leichtsinnig
angebrochenen Nächten
noch zergeht mir
wenn ich dich meine
das Glück auf der Zunge
noch rieche ich rot
und nach dir.
Brigitte Fuchs
Liebesgedicht mit dem Titel „Rotfuchs“
Aus „Herzschlagzeilen“ Gedichte, Glendyn Verlag, Aarau 1989
Das Liebesgedicht für meinen Mann hat noch immer seine Gültigkeit,
besonders heute, an unserem 50. Hochzeitstag.

Foto Brigitte Fuchs
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Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst’.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Joseph von Eichendorff (1788-1857) deutscher Schriftsteller und Dichter

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ich wollte die ganze Fülle der Erde

Foto Brigitte Fuchs
ich wollte die ganze Fülle der Erde
und fand, daß die Fülle leer war
du könntest nun fragen, warum füllst du nicht die Leere
und ich könnte antworten, was glaubst du denn
was ich hier gerade tue
Eva Cader-Benedix, Lyrikerin und Schriftstellerin, geboren in Schleswig-Holstein, lebt in Schweden
Aus „Im Frieden deiner Linien“ Gedichte, Karin Fischer Verlag, Aachen 1999
Mit der Erlaubnis zur Veröffentlichung von Eva
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Feldeinsamkeit
Foto Brigitte Fuchs: Juraweid im Aargau
Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
Und sende lange meinen Blick nach oben,
Von Grillen rings umschwirrt ohn‘ Unterlass,
Von Himmelsbläue wundersam umwoben.
Die schönen, weissen Wolken ziehn dahin
Durchs tiefe Blau, wie schöne, stille Träume; –
Mir ist, als ob ich längst gestorben bin,
Und ziehe selig mit durch ew’ge Räume.
Hermann Allmers (1821-1902) deutscher Schriftsteller und Dichter
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Kornblumen
Fotos Brigitte Fuchs
Kornblumen nenn ich die Gestalten,
die milden mit den blauen Augen,
die, anspruchslos in stillem Walten,
den Tau des Friedens, den sie saugen
aus ihren eigenen klaren Seelen,
mitteilen allem, dem sie nahen,
bewusstlos der Gefühlsjuwelen,
die sie von Himmelshand empfahn.
Dir wird so wohl in ihrer Nähe,
als gingst du durch ein Saatgefilde,
durch das der Hauch des Abends wehe,
voll frommen Friedens und voll Milde.
Felix Dahn (1834-1912) deutscher Schriftsteller, Jurist und Historiker
(Das Gedicht wurde 1988 von Richard Strauss unter dem Namen „Mädchenblumen Nr.1“, opus 22,1 vertont)

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Junge Pferde

Wer die blühenden Wiesen kennt
Und die hingetragene Herde,
Die, das Maul am Winde, rennt:
Junge Pferde! Junge Pferde!
Über Gräben, Gräserstoppel
Und entlang den Rotdornhecken
Weht der Trab der scheuen Koppel,
Füchse, Braune, Schimmel, Schecken!

Junge Sommermorgen zogen
Weiss davon, sie wieherten.
Wolke warf den Blitz, sie flogen
Voll von Angst hin, galoppierten.
Selten graue Nüstern wittern,
Und dann nähern sie und nicken,
Ihre Augensterne zittern
In den engen „Menschenblicken“.
Paul Boldt (1885-1921) deutscher Lyriker des Expressionismus
Das Gedicht entstammt dem Lyrikband „Junge Pferde! Junge Pferde!“ von 1914

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Intermezzo
Fotos Brigitte Fuchs
(…)
Ich bin der Geheimnisse lächelnder Ketzer,
Ein Buchstabenkönig und Alleszerschwätzer.
Hysteria clemens hab ich besungen
In jeder Gestalt ihrer Ausschweifungen.
Ein Spötter, ein Dichter, ein Literat
Streu ich der Worte verfängliche Saat.
Hugo Ball (1886-1927) deutscher Autor, Mitbegründer der Dada-Bewegung
Letzte von drei Strophen seines Gedichtes „Intermezzo“
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Ein Kuss
Fotos Brigitte Fuchs: Brunnen in Mellingen/AG
(Preis-Aufgabe)
Ihr fragt: „Was ist ein Kuß!“
Es ist ein Seelengruß,
Den sich die Lippen zollen:
Ein Tröster, wenn Verdruß
Und Schmerz im Innern grollen.
Es ist die stumme Sprache,
Dem Herzen nur bekannt:
Das „Ja“ auf eine Frage,
Bevor man sie genannt.
Es ist ein Lohn der Tugend,
Der Freundschaft erstes Pfand,
Die Poesie der Jugend,
Der Liebe enges Band.
Der Eintritt in das Leben
Empfängt durch ihn die Weih‘;
Des Alters schwaches Streben
Bricht unter ihm entzwei.
Und vor der ewigen Reise,
Die man beginnen muß,
Wünscht sich der Mensch noch leise:
Den „letzten Abschiedskuß!“
Franz Arnold Cöllen (1830-1860), deutscher (Reise-)Schriftsteller
Aus der Sammlung. „Reisen und Dichtungen“ von 1864

Foto Brigitte Fuchs
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