Archiv der Kategorie: Gedichte

Ich genüge mich an meinem Stande

Fotos Brigitte Fuchs

 

Ich genüge mich an meinem Stande,
In den der Höchste mich gesetzt,
Und acht es gar für keine Schande,
Bin ich nicht jedem gleichgeschätzt.
Ich darf so wenig meinen Schöpfer
Anklagen als der Ton den Töpfer.

 

 

Johann Sebastian Bach (1685-1750) deutscher Komponist, Organist, Hofkapellmeister, Musikdirektor der Stadt Leipzig

 

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Welch ein schauersüsser Zauber!

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

(…)

Welch ein schauersüsser Zauber!
Winter wandelt sich in Maye,
Schnee verwandelt sich in Blüthen,
Und dein Herz, es liebt aufs Neue.

 

 

 

Heinrich Heine (1797-1856) deutscher Dichter und Romancier
Letzte Strophe seines Gedichtes „Unterm weissen Baume sitzend“

 

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Darum

Foto Brigitte Fuchs: Magnolie

 

 

Am altersgrauen Baum der Zeit

ist eine Blume abgeblüht

und eine Knospe tut sich auf.

 

(…)

 

Clara Müller-Jahnke (1860-1905) deutsche Dichterin, Journalistin und Frauenrechtlerin
Erste Strophe des Gedichtes „Jahrwende“

 

 

Foto Brigitte Fuchs: Magnolienbaum

 

 

Was freut dich so? Möcht’s wissen, mein Herz.

Ach, meint das Herz, das kann ich nicht sagen.

Vielleicht ist’s nur allein der März,

Und dass die Bäume nun Knospen tragen.

 

(…)

 

Gustav Falke (1853-1916) deutscher Schriftsteller
Erste Strophe des Gedichtes „Darum“

 

 

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Kalendergedicht

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Flocken die hereinschneien
in den Tag wie im Märzen der Bauer
Längst spannte ihm die Zeit die
Rösslein aus jetzt scharren die Schafe
grüne Büschel aus dem Weiss
Bärlauch Lattich Löwenzahn noch
lesen wir aus unsern Kräutergärten
Heiterkeit und milden Zauber

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“, Gedichte, edition 8, Zürich 2014

 

 

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Blick durch ein Fenster. Undatiert.

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Blick durch ein Fenster. Undatiert.

 

Reste von Schnee. Die Zuversicht
bleibt heute aus könnte man meinen.

Ich lausche dem reinen Gesang des
Stotterers nach.

Der Kater der Nachbarin geht als
Imperator über die Strasse.

Ein Kondensstreifen streicht den
Himmel auf meiner Ansichtskarte durch.

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Handbuch des Fliegens“, Gedichte, edition 8, Zürich 2008

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 

 

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Winterende

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Lieber mehr als weniger von dem
bisschen Kraft das noch in den alten
Knochen steckt schon wetteifern wir mit
den Frühlingskrokussen ihr Sanftblau
erreichen diese eiskalten Ohren nie

Sag wenn es dir reicht hinter dem
hochgeschlagenen Kragen man darf den
Biswind nicht unterschätzen die Februarsonne
täuscht allemal und das Augenwasser ist
nichts als der Kälte geschuldet

 

Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Der Eislauf

Foto Brigitte Fuchs

 

 


Blühender Jüngling, dem noch Kraft im Beine
Der nicht Kälte, als deutscher Jüngling scheuet
Komme mit zur blendenden Eisbahn, welche
Glatt wie ein Spiegel.

Schnalle die Flügel an vom Stahle, welche
Hermes jetzt dir geliehn, durchschneide fröhlich
Hand in Hand die schimmernde Bahn und singe
Muntere Lieder.

Aber, o Jüngling hüte dich für Löchern
Welche Nymphen sich brachen, nahe ihnen
Ja nicht schnell im Laufe, du findest sonst den
Tod im Vergnügen.

Wenn sich die schwarze Nacht herunter senket
Und das blinkende Kleid der Himmel anzieht,
Leuchtet uns der freundliche Mond zu unserm
Eiligen Laufe.

 

 

Novalis (1772-1801) deutscher Schriftsteller, Philosoph und Bergbauingenieur

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Früher Frühling

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Zwischen Februar und März
liegt die grosse Zeitenwende,
und, man spürt es allerwärts,
mit dem Winter geht’s zuende.
Schon beim ersten Sonnenschimmer
steigt der Lenz in’s Wartezimmer.
Keiner weiss, wie es geschah
und auf einmal ist er da.

Manche Knospe wird verschneit
zwar im frühen Lenz auf Erden.
Alles dauert seine Zeit,
nur Geduld, es wird schon werden.
Folgt auch noch ein rauher Schauer,
lacht der Himmel um so blauer.
Leichter schlägt des Menschen Herz
zwischen Februar und März.

 

 

Fred Endrikat (1890-1942) deutscher Dichter, Schriftsteller und Kabarettist

 

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Zauber

Fotos Brigitte Fuchs: Zaubernuss (Hamamelis)

 

 

Die Sonne scheint, die Sonne scheint,
das ist der Zauber,
die Blumen wachsen,
die Wurzeln strecken sich,
das ist der Zauber.
Leben und stark sein,
das ist der Zauber,
er ist in mir,
er ist in uns allen.

 

 

Frances Hodgson Burnett (1849-1924) britische Schriftstellerin
Aus „Der geheime Garten“

 

 

 

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Aschermittwoch

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Gestern noch ging ich gepudert und süchtig
In der vielbunten tönenden Welt.
Heute ist alles schon lange ersoffen.

Hier ist ein Ding.
Dort ist ein Ding.
Etwas sieht so aus.
Etwas sieht anders aus.
Wie leicht pustet einer die ganze
Blühende Erde aus.

Der Himmel ist kalt und blau.
Oder der Mond ist gelb und platt.
Ein Wald hat viele einzelne Bäume.

Ist nichts mehr zum Weinen.
Ist nichts mehr zum Schreien.
Wo bin ich –

 

Alfred Lichtenstein (1889-1914) deutscher Dichter

 

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