Archiv der Kategorie: Texte

Wenn man nur …

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Wenn man nur die wahre von der falschen Liebe unterscheiden könnte, so, wie man essbare von giftigen Pilzen unterscheidet! Mit Pilzen ist es so einfach – man salzt sie gut ein, legt sie zur Seite und wartet geduldig. Aber bei der Liebe – sobald man auf etwas gestossen ist, das auch nur die entfernteste Ähnlichkeit damit aufweist, ist man vollkommen sicher, dass es nicht nur ein echtes Exemplar ist, sondern vielleicht der einzige noch nicht gepflückte echte Pilz. Es braucht eine schreckliche Menge giftiger Pilze, bis man einsieht, dass das Leben nicht ein grosser, essbarer Pilz ist.

 

 

Katherine Mansfield (1888-1923) neuseeländische Schriftstellerin

 

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Blumenstrauss

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Einen Blumenstrauss verschenken, einem armen Menschen zuhören, ein Kind erfreuen oder einem Menschen durch Verstehen helfen, dasein für irgendeinen, den Gott verliess und der sich auf dieser schrecklichen Welt nicht mehr zu trösten weiss, dem sie alle hinweggelaufen sind, das sind die grossen Dinge des Lebens!
Die ganz kluge Welt mit ihren Examen und Armeen und Richtern aller Sorten ist nicht das Grosse und Notwendige.

 

 

Helene Böhlau (1856-1940) deutsche Schriftstellerin und Vorkämpferin für Frauenrechte, verheiratet mit Omar al Raschid Bey
Aus ihrem Roman „Das Haus zur Flamm“ 1907

 

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Trau, schau, wem

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Trau, schau, wem –
Unbequem.
Trau keinem mehr –
Das geht schon eh’r;
Trau unbekümmert allen –
Möcht‘ mir am besten gefallen.
Zum Wahlspruch hatt‘ ich mir’s genommen,
Doch ist mir’s oft nicht gut bekommen.

 

 

Bruno Alwin Wagner (1835-1917) deutscher Theologe, Gymnasiallehrer und Philologe
Aus „Gesammelte Reisesprüche für die Wanderung durch das Leben“, 1903

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Wo die wilden Kerle weiden…

Fotos Brigitte Fuchs: abendlich weidende Schafherde in den Aareauen bei Ruppoldingen

 

Ich wünsche dir die Fröhlichkeit
eines Vogels im Ebereschenbaum am Morgen,
die Lebensfreude eines Fohlens
auf der Koppel am Mittag,
die Gelassenheit eines Schafes
auf der Weide am Abend.

 

Altirischer Segenswunsch

 

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Fragen über Fragen

Kaum hatte der Landwirt am frühen Nachmittag des 19. August begonnen, das abgeerntete Getreidefeld zu pflügen, tauchten am Himmel vierzehn Störche auf, liessen sich hinter dem Traktor nieder und pickten mit ihren langen Schnäbeln gierig allerlei Kleingetier aus den Erdschollen.

 

 

Mir ist es ein Rätsel, woher die Störche, die in dieser Umgebung sonst nie gesichtet werden, erfuhren, dass genau hier ein Feld gepflügt wird. Auch habe ich keine Ahnung, woher die Vögel kamen, sie müssen von weit hergeflogen sein, denn in der Nähe gibt es keine Storchenkolonie.

Dann, nachdem sie sich den Bauch vollgefressen hatten, blieben sie bestimmt eine halbe Stunde wie angewurzelt in einer Reihe stehen. Auch das kann ich mir kaum erklären: zur Verdauung, aus Erschöpfung? Oder legten sie einfach eine längere Pause ein?

 

Schliesslich spazierten sie gemächlich auf dem Acker herum, wichen dem Traktor, der noch immer seine Bahnen fuhr, nur minimal aus, pickten sich da oder dort einen Schnabel voll auf oder staksten quer über das Feld, mal allein, mal in kleinen Gruppen.

 

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Erst Stunden später, der Bauer hatte seine Arbeit längst verrichtet und die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden, war die Flotte plötzlich weg und wurde seither nicht wieder gesehen…

 

Brigitte Fuchs

 

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Und dreh mich nach dem Wind

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Rätsel

Wer hoch will stehen wie ich,

Nimmt oft zum Muster mich.

Es gehe wie es will,

Ich bin zu allem still,

Am hellen Tage blind,

Und dreh mich nach dem Wind.

 

 

Verfasser/in unbekannt

 

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Jeder Baum

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Jeder Baum, jede Hecke ist ein Strauss von Blüten und man möchte zum Maienkäfer werden, um in dem Meer von Wohlgerüchen herumschweben und alle seine Nahrung finden zu können.

 

 

Johann Wolfhang von Goethe (1749-1932) deutscher Dichter und Universalgelehrter

 

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Kraut der Heilung und des Lebens

Foto Brigitte Fuchs: Kräutergarten beim Kloster Schönthal, Langenbruck/BL

 

 

Wie manche dunkle, wunderbare Sehnsucht im Menschen, z.B. nach einer Reise, nach einer gewissen Gegend hin, nach einer Handlung, nach einem Buch – ist ein ähnliches erwachendes Bewusstsein von einem irgendwo grünenden Kraute der Heilung und des Lebens.

Otto von Loeben (1786-1825) deutscher Dichter der romantischen Bewegung, Freund und Wegbereiter von Joseph von Eichendorff, gehörte später dem Dichterkreis um Ludwig Tieck an.

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Wanderpläne

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Das schönste an Wanderplänen ist, dass man sie umstossen kann. Niemals sich binden. Wandern ist kein zielbewusstes Reisen. Wandern ist Laune, Willkür, Erleuchtung des Augenblicks, heute hier, morgen dort, starre Wanderpläne sind Sünde gegen den heiligen Geist.

 

Josef Hofmiller (1872-1933) deutscher Schriftsteller und Nietzsche-Forscher

 

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Auf der Mauer

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Auf der Mauer, auf der Lauer
sitzt ´ne kleine Wanze.
Auf der Mauer, auf der Lauer
sitzt ´ne kleine Wanze.
Seht euch nur die Wanze an,
wie die Wanze tanzen kann!
Auf der Mauer, auf der Lauer
sitzt ´ne kleine Wanze.

 

 

 

Fotos Brigitte Fuchs: Feuerwanzen, am Karfreitag gesehen auf einer Gartenmauer

 

 

Auf der Mauer, schaut genauer,
sitzen viele Wanzen.
Auf der Mauer, schaut genauer,
sitzen Feuerwanzen.
Seht euch nur die Wanzen an
wie sie fort sich pflanzen dann!
Auf der Mauer, auf der Lauer
sieht man sie beim Tanzen.

 

Zusatzstrophe von Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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