Monatsarchive: August 2018
Folklore
Fotos Brigitte Fuchs: Blick von der Ruine Neu Falkenstein
Luegid, vo Bärg und Tal
flieht scho der Sunnestrahl,
luegid uf Auen und Matte
wachse die dunkele Schatte,
d’Sunn uf de Bärge no stoht!
O wie sy d’Gletscher so rot!
O wie sy d’Gletscher so rot.
(…)
Altes Mundart-Lied
Text: Josef Anton Henne (1798-1870), Musik: Ferdinand Huber (1791-1863)
Die Ruinen
Foto Brigitte Fuchs: Alle Bilder zeigen die Ruine Neu-Falkenstein bei Balsthal im Kanton Solothurn
»Ach, wie ungemein poetisch
Die Ruinen auf den Höhn!«
Fräulein, Sie sind sehr ästhetisch;
Ja, Ruinen, sie sind schön.
Und das Fräulein, drob geschmeichelt.
Fährt in der Extase fort,
Während sie den Bulldog streichelt:
»Wie poetisch ist es dort!
Foto Brigitte Fuchs
Grüner Wald, das ew’ge Leben,
Immer sprossend, immer jung!
Und der greise Stein daneben:
Träumende Erinnerung!
Epheu schlingt sich um die Blösse,
Will sie grün erhalten noch;
O du Bild zerfallner Grösse,
Wie poetisch bist du doch!«
Foto Brigitte Fuchs
Fräulein, Sie sind sehr ästhetisch,
Sie empfinden schön und wahr,
Und Sie sagen’s so pathetisch,
Dass es selber mir wird klar.
Ja, ich sehe: auf den Höhen
Sind nur noch Ruinen da!
Wo die alten Zwinger stehen,
Rauscht der Wald Hallelujah!
Foto Brigitte Fuchs
In die Burgen der Tyrannen
Drang der Geist zerstörend ein,
Trieb die Räuberbrut von dannen,
Warf hinunter Stein auf Stein.
Heil’ger Geist, du ein’ge Dreiheit,
Gott im Menschen, habe Dank!
Auf den Bergen nur ist Freiheit!
Nur im Thal herrscht noch der Zwang.
Foto Brigitte Fuchs
Heiser schreien dort die Raben
Um den Schutt der Tyrannei,
Ihre Knochen sind begraben,
Und der Geist, der Geist ist frei!
Ja, mein Fräulein, Gottvertrauend
Schau‘ ich auf die stolzen Höhn!
Hochpoetisch, Herzerbauend
Sind Ruinen, wunderschön!
Foto Brigitte Fuchs
Wunderschön die düstern Mienen
Durch das grüne Laubgewind!
Doch das Schönste an Ruinen
Ist, dass sie Ruinen sind.
Adolf Glassbrenner (1810-1876) deutscher Humorist und Satiriker
Gedicht aus der Sammlung „Verbotene Lieder“
gefunden im Internet
Foto Brigitte Fuchs
Wahrspruch
Foto Brigitte Fuchs
Ob wir verdienen, dass wir glücklich sind?
Was zweifelst du! Verdienst du, gut zu sein?
Durch Zweifel wird das wahrste Wesen Schein.
Glück ist des Menschen schönste Tugend, Kind;
wer glücklich ist, verdient’s zu sein.
Richard Dehmel (1863-1920) Deutscher Lyriker und Schriftsteller
Aus „So knallvergnügt“ Hundert Gedichte über das Glück, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2011
Limerick 73
Fotos Brigitte Fuchs
Es fragte Herr Brem sich in Chur:
„Wie mach in der Stadt ich das nur?
Kein Tier darf ich halten
im Stadthaus, im alten.“ –
Nun bastelt er stur nach Natur.
Brigitte Fuchs
Sommerabend
Foto Brigitte Fuchs Bodensee / Insel Reichenau
Die grosse Sonne ist versprüht,
der Sommerabend liegt im Fieber,
und seine heisse Wange glüht.
Jach seufzt er auf: „Ich möchte lieber …“
Und wieder dann: „Ich bin so müd …“
Die Büsche beten Litanein,
Glühwürmchen hangt, das regungslose,
dort wie ein ewiges Licht hinein;
und eine kleine weisse Rose
trägt einen roten Heiligenschein.
Rainer Maria Rilke (1875-1926) deutscher Dichter
Aus „Rote Gedichte“, Philipp Reclam Jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart 2006/2012
Foto Brigitte Fuchs: Bodensee / Insel Reichenau
Sport, Spiel, Spass…
Der Unterschied zwischen dem Unmöglichen und dem Möglichen liegt in der Entschlossenheit der Person.
Tommy Lasorda
Fotos Brigitte Fuchs: Beachvolleyball-Turnier in Laufen/BL
Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine,
kürzt die öde Zeit
und schützt uns durch Vereine
vor der Einsamkeit.
Joachim Ringelnatz
Seelenfarben
Fotos Brigitte Fuchs: gesehen in einem Schaufenster in Brugg
Im Allgemeinen ist also die Farbe ein Mittel, einen direkten Einfluss auf die Seele auszuüben. Die Farbe ist die Taste. Das Auge ist der Hammer. Die Seele ist das Klavier mit vielen Saiten. Der Künstler ist die Hand, die durch diese oder jene Taste zweckmässig die menschliche Seele in Vibration bringt.
Wassily Kandinsky (1866-1944) russischer Maler, Grafiker und Kunsttheoretiker, der auch in Deutschland und Frankreich lebte und arbeitete
Text gefunden in „Farben hören“ Das Musikalische in der Kunst, eine Zitatensammlung, Hrsg. Jean-Peter Braun, ars momentum Kunstverlag GmbH, Witten 2006
Anagramm-Zweizeiler 267
Foto Brigitte Fuchs
„EUSES PARADIESGAERTLI.“
GISELA: „STEUERPARADIES?“
Brigitte Fuchs
Foto Brigitte Fuchs
Passfahrt
Fotos Brigitte Fuchs
Da wo die Gebirge in den See kippen
weisswandig und steif auch im Sommer
da fahren noch immer die gelben
Postkutschen die Engkehren entlang
künden sich mit ihrem Dreiton an
oder warten bis Kühe bis Biker und
Oldtimer die Strecke säumig frei geben
für die ziellosen Blicke der Zeitreisenden
Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Gedichte, edition 8, Zürich 2014
Foto Brigitte Fuchs
Foto-Nachtrag für Ingrid:
Foto Brigitte Fuchs