Giselheer dem Tiger

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Über dein Gesicht schleichen die Dschungeln.
O, wie du bist!

Deine Tigeraugen sind süss geworden
In der Sonne.

Ich trag dich immer herum
Zwischen meinen Zähnen.

Du mein Indianerbuch,
Wild West,
Siouxhäuptling!

Im Zwielicht schmachte ich
Gebunden am Buxbaumstamm –

Ich kann nicht mehr sein
Ohne das Skalpspiel.

Rote Küsse malen deine Messer
Auf meine Brust –

Bis mein Haar an deinem Gürtel flattert.

 

 

Else Lasker-Schüler (1869-1945) deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin jüdischer Herkunft

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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20 Antworten auf Giselheer dem Tiger

  1. merlin sagt:

    nicht so einfache zeilen, in denen motive wie sehnsucht, verbundenheit, gar abhängigkeit anklingen. kräftige sprachbilder.
    einen interessanten tiger hast du gefunden.
    heute also endlich wetterwechsel – wunderbar.
    einen herzlichen morgengruss zu dir 🙂

  2. quersatzein sagt:

    Ja, sie war eine Getriebene und ihr Leben und ihre Liebe(n) waren voller Hürden und Schwierigkeiten. Eine spezielle Frau und Dichterin.
    Die Tiger sah ich am anderen Aareufer beim Restaurant Aareblick in Ruppoldingen.
    Hach, die Sonne kommt, noch zögerlich, aber spürbar!
    Geniess den Tag!
    Lieben Gruss.

    • bruni8wortbehagen sagt:

      Da hast Du sehr recht, liebe Brigitte!
      Sie war eine zwiespältige Frau, hin und hergerissen von ihren Neigungen..
      Kein einfaches Leben

      Lieber Gruß an Dich

      • quersatzein sagt:

        Das ist wohl wahr.
        Sie hatte es tatsächlich nicht leicht damals. Ein Wunder, dass sie dennoch so voller Inbrunst und Leidenschaft schrieb (oder vielleicht gerade darum…).
        Mich begeistert das immer wieder.
        Sei auch herzlich gegrüsst!

  3. mona lisa sagt:

    Süße Tigeraugen beim Skalp-Spiel –
    Liebe scheint für sie ein „einschneidendes“ Erlebnis gewesen zu sein.
    Auch eine Möglichkeit,sich lebendig zu fühlen.
    Hier lässt sich die Sonne leider noch nicht blicken.
    Dennoch herzliche Morgengrüße

  4. Eva sagt:

    Solchen Vorstellungen zu entsprechen wird schwierig gewesen sein für den geliebten Giselheer, aber vielleicht hatte er auch Sinn für das Moment des Spiels in dem Gedicht und vielleicht sogar für einen Anflug von Humor darin, den ich zu erahnen meine – man möchte es hoffen um der Dichterin willen.

    Liebe Grüße von Eva

    • quersatzein sagt:

      Ja, das möchte man hoffen.
      „1913 liebte Else Lasker-Schüler den jungen Dr. Benn und er sie vielleicht auch.“
      Das las ich in einer Besprechung des obigen Gedichtes.
      Es handelt sich ja, wie wir wissen, um den Arzt und Dichter Gottfried Benn.
      Und die Verbindung der beiden war wohl sehr „belastet“.
      Aber schön ist, dass sie diese Liebe in solch wunderbare Verse bannte…

      Einen lieben Dank und Gruss zu dir, Eva.

  5. Roswitha sagt:

    wow, da kommt viel rüber im text der dichterin, eine wilde mischung leben halt. da passt das tigerfoto gut, der faucht ja bedrohlich. einen schönen tag wünscht roswitha

  6. Andrea sagt:

    was für ein wunderbares gedicht!!!

  7. quersatzein sagt:

    Ich bin ganz deiner Meinung, Andrea! :–)

  8. Gerhard sagt:

    Gewaltige erotische Lust!
    „Sapprament“, sagt man bei uns!

    Liebe Grüsse
    Gerhard

  9. quersatzein sagt:

    Bei uns auch. 🙂

    Einen lieben Retourgruss zu dir.

  10. Hausfrau Hanna sagt:

    Was für eine,
    liebe Frau Quersatzein,
    Liaison: Heftig, wild und unberechenbar!
    Ein Gedicht, das bei mir Zeit brauchte, um mich hineinzufinden…
    Mit einem herzlichen Gruss in den Dienstag
    Hausfrau Hanna

  11. quersatzein sagt:

    Sie haben das bestens zusammengefasst, liebe Hausfrau Hanna.
    Schönen Dank und herzliche Grüsse zu Ihnen nach Basel.

  12. PepeB sagt:

    Ein prallvolles Gedicht aus Liebe, Leidenschaft, Entzücken, in Kauf genommene Gefahr.
    Allein die Zeile „O, wie du bist!“ ist ganz und gar wundervoll.
    Liebe Grüße
    Petra

  13. quersatzein sagt:

    Da gebe ich dir sowas von recht, Petra.
    Und grüsse dich herzlich zurück.

  14. Carola Joswig sagt:

    Liebe Brigitte,

    ein Danke für diese Erinnerung. Leider habe ich keinen Zugang zu diesem Gedicht. Daran haben auch die vielen Jahre nichts geändert- seit meiner Schulzeit 😉
    Mich bewegt aber das schwere und oft einsame Leben von Else-Lasker-Schüler, die finanzielle Not, in der sie lebte und die Verluste von Sohn, Heimat und Sicherheit.
    Schwere Kost für diesen Abend.

    Herzliche Grüße
    Carola

  15. quersatzein sagt:

    Danke für deine schöne Rückmeldung, Carola.
    Nicht jedes Gedicht muss für jede und jeden in selbem Masse passen.
    Es gibt für uns alle Texte (nicht nur lyrische), die es einfach nicht schaffen, uns für sie einzunehmen. Ich kenne das auch.
    Das ist dann einfach so. :–)
    Else Lasker-Schüler hat wohl schon immer polarisiert – entweder man mag ihre Gedichte oder eben nicht. Beides ist legitim.
    Dir einen schönen Abend, den du dir deswegen bestimmt nicht verderben lässt…
    Sei herzlich gegrüsst!

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