Klischee

Fotos Brigitte Fuchs: Impressionen aus Baden/AG

 

 

So viel Frühsommer neue Wege und eigene

Füsse und das ist noch nicht mal alles

worauf sie steht andauernd spult sie den

immergleichen auffallend dokumentarischen

Streifen ab vor den Stadtlandflussaugen

die sie halb schliesst oder nach Belieben

aufreisst die Bildfolge zeigt eine auf hohem

Niveau geträumte Zusammenfassung von

Konversation und Leichtsinn noch im Winter

lassen sich diese kleinen lässlichen Sünden

wie Shampoo auf dem Haar verteilen

 

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Solange ihr Knie wippt“ Gedichte, edition 8, Zürich 2002

 

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18 Antworten auf Klischee

  1. merlin sagt:

    ein in der collage und im text interessante bildfolge.
    das mit dem shampoo gefällt mir ausnehmend gut 🙂
    einen frohen frühsommertag mit lässlichen sünden dir 😉 und glg.

  2. Quer sagt:

    Danke, Merlin.
    Hab auch einen schönen 1. Junitag (ein paar lässliche Sünden mit eingeschlossen)! :–)
    Lieben Gruss.

  3. PepeB sagt:

    Wo, bitte, gibt es dieses Shampoo? ;-D
    Folge aber auch ohne dem rauschenden Zeilenfall …
    Liebe Grüße
    Petra

  4. Gerhard sagt:

    Lässliche Sünden lobe ich mir, die grösseren machen die anderen da oben

    „und das ist noch nicht mal alles“
    Das muss ich mir merken.
    Ich verwende sonst oft „Nächstens mehr“ oder „Nächstens mehr dazu“, selbst wenn ich noch nichts verlautet hatte.

    Feine Grüsse 🙂
    Gerhard

    • Quer sagt:

      Genau, Gerhard: Die grösseren Sünden lassen wir die Anderen machen. :–)

      Feine Nachmittagsgrüsse – mit feinem Sprühregen – zurück zu dir.

  5. Gundel Wismar sagt:

    Und ihre Tasche ist sicherlich ausgebeult mit Shampoo und Parfüm. Falls alles ohne Herzflattern abläuft und sie schnell verduften will. Oder, falls es ernst wird und sie noch was nachlegen muss.
    Sei lieb gegrüßt (;🪶
    Gundel

  6. Andrea sagt:

    Ich tu mir schwer, das Gedicht zu verstehen, bzw. die Einzelteile in einen Zusammenhang zu bringen. Der Titel? Klischee verstehe ich als Druckstock, als Schablone fürs Drucken also – korrespondierend mit „Bildfolge“ und „immergleich“, passt so in gewisser Weise auch zur Komposition der zusammengestellten Fotos.
    Der Anfang „So viel Frühsommer“ ist meine Lieblingsstelle, das ist (für mich) die Stelle im Gedicht, wo es um eine Emotion geht, das liest sich fast wie ein Ausruf, als ob das lyrische Ich (eigentlich „sie“) in der Fülle dieser Jahreszeit gar nicht wüsste, wo es anfangen soll. Welche „neuen Wege“ und welche „Füsse und noch mehr“ es nun gehen/bewegen sollte. Dann ist aber dieses Abspulen des ewigen, immergleichen Streifens eine gegenläufige Sache – Steht da der ewige, gleichbleibende Kreislauf der Natur im Gegensatz zu dem individuellen Empfinden des Menschen, der sich jedes Jahr aufs Neue vor einer Fülle von neuen Möglichkeiten stehend wähnt? Oder ist mit dem „sie“ eh die Natur gemeint? Beim letzten Teil kann ich mir dann nichts zusammenreimen ;). Mir fällt auf, dass nun Ausdrücke wie „hohes Niveau, Konversation, Zusammenfassen“ verwendet werden, eine Art Abrücken von der Primärerfahrung (?), was mit den lässlichen Sünden und mit dem Shampoo gemeint ist, verstehe ich nicht. Auffallend aber, dass am Ende des Gedichtes wieder ein Körper auftaucht, nämlich indirekt (über die Haare) der Kopf, so wie am Anfang ja von den Füßen die Rede war. – Alles in allem hinterlässt mir das Gedicht ein Gefühl einer (für mich unauflösbaren) Verquickung von (Natur)Erleben und Reflexion.

    Liebe Grüße, Andrea

  7. Quer sagt:

    Danke für deine engagierten Überlegungen zum Gedicht, Andrea.
    Nun weiss man ja, dass Lyriker die denkbar ungeeignetsten Analyst/innen ihrer eigenen Texte sind. Also sollte man es lieber lassen. ;–) (Wer es offenkundig haben will, schreibt besser Prosa.)
    Ein paar kleine Anmerkungen möchte ich dennoch machen:
    Für mich sind hier die Frühsommereindrücke (erinnert in Kinoleinwandmanier) das Klischee, also die gängige, unbedachte Vorstellung, wie etwas zu sein hat, hier im Bereich Stadt-Land-Fluss. Wie geredet wird (Konversation), wie unbeschwert man sich zu fühlen hat (Leichtsinn), was von einem erwartet wird (auf eigenen Füssen stehen). Auch, dass das ungenierte Leben ruhig ein wenig lasterhaft sein soll. Na ja, und diese klischeehaften Vorstellungen haften natürlich lange an, so dass man sie noch im Winter als solche hervorkramen kann – und sei es als wohlriechendes Haarshampoo.

    Aber ich möchte auch anmerken, liebe Andrea, dass das eine von vielen Möglichkeiten ist, sich dem Text zu nähern (auch für mich) und dass meine Antwort morgen oder in zwei Jahren eine völlig andere sein könnte…
    Schön finde ich, wie sich der mexikanische Lyriker und Schriftsteller Octavio Paz zu dieser Thematik äusserte: «Das Gedicht, sei es offen oder verschlossen, fordert die Abschaffung des Dichters, der es schreibt, und die Geburt des Dichters, der es liest.“

    In diesem Sinne einen lieben Gruss zu dir.

    • Andrea sagt:

      JA, die Problematik mit der (Eigen)Interpretation ist mir vertraut. 😉 Deine hier ist mir aber tatsächlich hilfreich, ich kann sie am Text gut nachvollziehen. 🙂 Danke und liebe Grüße, Andrea

  8. Sonja sagt:

    „Stadtlandflussaugen“ – wunderbar, auch der ganze Dichtpoesietext…
    Liebe Grüße von
    Sonja

  9. Quer sagt:

    Das freut mich, Sonja.
    Sei lieb gegrüsst!

  10. Hausfrau Hanna sagt:

    Ein Frühsommertag,
    liebe Frau Quersatzein,
    mit leisem Regen war das heute!
    Das Unterwegssein auf eigenen Füssen geschah zwar nicht auf neuen Wegen – aber der bekannte Weg den Steiner-Hügel hoch war traumhaft schön.

    Mit einem herzlichen Gruss in den Abend
    Hausfrau Hanna

  11. Quer sagt:

    So war es bei uns auch, liebe Hausfrau Hanna. Zudem gab es zwischendurch endlich mal einen etwas kräftigeren „Gutsch“, der dem Grün ringsum unglaublich gut tat.
    Ja, der Steiner-Hügel war bestimmt ein lohnendes Ziel.

    Herzlichen Abendgruss.

  12. mano sagt:

    „stadlandflussaugen“ – ich mag solche wortschöpfungen. und durchaus auch gedichte, die ich nicht gänzlich verstehe, aber in einzelnen passagen gut nachvollziehen kann und die mich dann – wie der schluss – lächelnd zurücklassen.
    lieben gruß
    mano

  13. Quer sagt:

    Das freut mich sehr, Mano, zumal ich selber auch so mit Gedichten umgehe.
    Man muss nicht immer alles 1 zu 1 verstehen, Hauptsache, man fühlt den „Grundbass“. :–)
    Einen lieben Gruss zu dir.

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