Zu dir

Foto Brigitte Fuchs

 

Sie sprangen aus rasender Eisenbahn
Und haben sich gar nicht weh getan.

Sie wanderten über Geleise,
Und wenn ein Zug sie überfuhr,
Dann knirschte nichts. Sie lachten nur.
Und weiter ging die Reise.

Sie schritten durch eine steinerne Wand,
Durch Stacheldrähte und Wüstenbrand,
Durch Grenzverbote und Schranken
Und durch ein vorgehaltnes Gewehr,
Durchzogen viele Meilen Meer. –

Meine Gedanken. –

Ihr Kurs ging durch, ging nie vorbei.
Und als sie dich erreichten,
Da zitterten sie und erbleichten
Und fühlten sich doch unsagbar frei.

 

Joachim Ringelnatz (1883-1934) deutscher Dichter und Erzähler, Maler, Kabarettist und Seefahrer
Aus „Flugzeuggedanken“ 1929

 

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Schattenspiele

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Eines Schattens Traum sind Menschen.

 

Pindar (ca. 518 v. Chr – ca. 446 v. Chr.) griechischer Denker und Dichter

 

 

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Neues Leben

Foto Brigitte Fuchs: Herbst am Bodensee bei Rorschach

 

 

Still und hell ist mein Gemüt,

Wie im Herbst ein Sonnentag,

Und doch fühl‘ ich, daß im Innern

Wie durch Lenzes Zauberschlag

Eine junge Schöpfung blüht.

 

Hast du noch nicht ausgeglüht,

Meiner Jugend Sonnenschein,

Und wenn jetzt der Winter käme,

Würd‘ er mir in Blüten schnein,

Wie im ewigjungen Süd?

 

(…)

Paul Heyse (1830-1914) deutscher Schriftsteller und Nobelpreisträger 1910
Zwei von vier Strophen des gleichnamigen Gedichts

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Blattgold

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Gegen Asymmetrie hat sie
nichts einzuwenden
zumal ihr der Herbst
neuerdings Avancen macht

Blatt für Blatt
auf diesem schiefbeinigen
Blechtisch im
Restaurantgarten

Mit Fotos lässt sich wenig
erklären auch nicht
mit einer Handvoll Ahornlaub
in Bronze und Gold

Lieber hält sie sich
an die Rätsel der Bäume
die der Wind löst um sie später
vom Platz zu fegen

 

Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Geichte, edition 8, Zürich 2014

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Oh, die Menschen, die Menschen!

Foto Brigitte Fuchs

 

Oh, die Menschen, die Menschen! Man muss sie lieben – und will ja – aber manchmal graut einem sogar sehr oft.

 

 

Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916) österreichische Erzählerin, Novellistin und Aphoristikerin

 

 

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Ja, der Herbst ist da.

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Ja, der Herbst ist da.

Als ich heut mein Haus verliess,

brannte noch das Licht. –

 

 

Suretsu, japanischer Haiku-Dichter

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Die Berge zum Greifen

Foto Brigitte Fuchs: Katzenkrüge (wie unserer damals in der Kindheit), gesehen im Landhaus Ettenbühl

 

 

Bisweilen kehren die Dinge wieder
an ihren angestammten Platz zurück
alte Dias hinter Glas der Keramikkrug
in Katzenform die Pinien der Zeltplatz
am Meer eine lose Zeile aus Vaters
Werkstatt: Sei dir nicht mehr fremd als
nötig! Da seh ich dann alles sehr nah
was uns war die Kindheit ein Spiel eine
Hüpfburg die Berge zum Greifen und
der Stein in der Faust ein Versprechen

 

Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Gedichte, edition 8, Zürich 2014

 

Foto Brigitte Fuchs: Die Churfirsten, vom Walensee aus fotografiert.

 

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Komm …

Fotos Brigitte Fuchs:
Landhaus Ettenbühl mit englischem Flair in Bad Bellingen-Hertingen, das wir auf der Reise nach Badenweiler besichtigt haben.

 

Komm in den totgesagten park und schau:
Der schimmer ferner lächelnder gestade ·
Der reinen wolken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten pfade.

Dort nimm das tiefe gelb · das weiche grau
Von birken und von buchs · der wind ist lau ·
Die späten rosen welkten noch nicht ganz ·
Erlese küsse sie und flicht den kranz ·

Vergiss auch diese letzten astern nicht ·
Den purpur um die ranken wilder reben
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.

 

Stefan George (1868-1933) deutscher Dichter

 

Fotos Brigitte Fuchs: Landhaus Ettenbühl mit Gartenanlagen

 

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Mein Garten

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Schön ist mein Garten mit den goldnen Bäumen,

Den Blättern, die mit Silbersäuseln zittern,

Dem Diamantentau, den Wappengittern,

Dem Klang des Gong, bei dem die Löwen träumen,

Die ehernen, und den Topasmäandern

Und der Volière, wo die Reiher blinken,

Die niemals aus dem Silberbrunnen trinken …

So schön, ich sehn mich kaum nach jenem andern,

Dem andern Garten, wo ich früher war.

Ich weiss nicht wo … Ich rieche nur den Tau,

Den Tau, der früh an meinen Haaren hing,

Den Duft der Erde weiss ich, feucht und lau,

Wenn ich die weichen Beeren suchen ging …

In jenem Garten, wo ich früher war …

 

 

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) österreichischer Dichter, Dramatiker und Erzähler

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Zurück vom Kurzurlaub

Fotos Brigitte Fuchs

 

Die Tage in Badenweiler im Schwarzwald waren (trotz des teils regnerischen und kühlen Wetters) intensiv und spannend. Der hübsche Kurort hat nebst Hotelkomfort und Kulinarik viel zu bieten: Burg Badenweiler, Cassiopeia Therme, Inhalatorium, Kur- und Schlosspark, Römische Badruine, Literatur-Museum mit Schwerpunkt Anton Tschechow (der in Badenweiler verstarb), Hildergard von Bingen-Garten etc.

 

Foto Brigitte Fuchs: Tschechow-Salon

 

„Die Medizin ist meine gesetzliche Ehefrau, die Literatur meine Geliebte. Wenn mir die eine auf die Nerven geht, nächtige ich bei der anderen.“

 

Anton Tschechow (1860-1904) an seinen Verleger Suworin am 24. 9. 1888

 

Foto Brigitte Fuchs: Literaturmuseum Badenweiler

 

„Badenweiler, mein Nostalgie-, Sehnsuchts- und Heimatplatz.“

 

Gabriele Wohmann (1932-2015)

 

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