Zwei Heimgekehrte

Foto Brigitte Fuchs: Wanderer zum Hohen Kasten/AI

 

 

Zwei Wanderer zogen hinaus zum Tor,
Zur herrlichen Alpenwelt empor.
Der eine ging, weil’s Mode just,
Den andern trieb der Drang in der Brust.

Und als daheim nun wieder die zwei,
Da rückt die ganze Sippe herbei,
Da wirbelt’s von Fragen ohne Zahl:
»Was habt ihr gesehn? Erzählt einmal!«

Der eine drauf mit Gähnen spricht:
»Was wir gesehn? Viel Rares nicht!
Ach, Bäume, Wiesen, Bach und Hain,
Und blauen Himmel und Sonnenschein!

«Der andere lächelnd dasselbe spricht,
Doch leuchtenden Blicks, mit verklärtem Gesicht:
»Ei, Bäume, Wiesen, Bach und Hain,
Und blauen Himmel und Sonnenschein!«

 

Anastasius Grün (1808-1876) österreichischer Politiker und Lyriker

 

Foto Brigitte Fuchs: Wandergruppe im Appenzellerland

 

Dieser Beitrag wurde unter Bilder, Gedichte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

22 Antworten auf Zwei Heimgekehrte

  1. piri sagt:

    Dazu fällt mir der Spruch des Fuchses sinngemäß ein: man sieht nur mit dem Herzen gut!

    Nachtwache Grüße aus einem fremden Bett in ungewohnter Umgebung.

  2. Andrea sagt:

    „Der Ton macht die Musik“, denke ich da.
    Oder aber: „Das Empfinden macht, was man sieht.“

    Ich wäre ja der zweitere Typ, du vermutlich auch.
    🙂
    Liebe Grüße, Andrea

  3. Quer sagt:

    Ja, das Empfinden ist entscheidend, aber wohl sehr unterschiedlich.
    Ich b i n die Nummer zwei in diesem „Sinngedicht“. 🙂

    Schönen Morgengruss zu dir.

  4. merlin sagt:

    wenn zwei dasselbe tun, ist es offenbar nicht immer dasselbe…
    es lebe die individualität…
    positiv gesehen hat die nr.1 entwicklungspotenzial 😉
    auch wir sind im moment fleissig unterwegs und entdecken viel schönes 🙂
    herzliche morgengrüsse über die berge zu dir.

  5. Quer sagt:

    Das ist die erkennbare Botschaft in diesem Poem, genau, Merlin.
    „Entwicklungspotenzial“ tönt gut. Allerdings gibt es auch notorisch Desinteressierte, die sich kaum entwickeln. 🙂
    Euch viele schöne Wow-Momente in den Bergen!
    Seid lieb gegrüsst!

  6. mona lisa sagt:

    Wahrnehmung ist sehr individuell – da gibt es kein richtig oder falsch 😉
    Herzliche Morgengrüße

  7. Quer sagt:

    Das stimmt, Mona Lisa.
    Wandern gehen ohne jede Begeisterung, nur weil es gerade „Mode“ ist, stelle ich mir trotzdem mühsam und langweilig vor.
    Einen lieben Gruss in einen Tag.

  8. PepeB sagt:

    Wie unterschiedlich doch die Auffassungen sind, und wie viel es mit der eigenen Gestimmtheit zu tun hat …
    Liebe Grüße
    Petra

  9. Quer sagt:

    Oh ja, Petra.
    Je nach Stimmungslage sieht die Welt total anders aus.
    Wir entscheiden wohl viel öfter nach dem Gefühl, als wir meinen…
    Lieben Gruss zurück zu dir.

  10. seelenruhig sagt:

    Manche fangen Feuer – andere nicht. Ich habe so viele Jahre im DAV gearbeitet. Die „alten Hasen“ haben ein unglaubliches Leuchten in den Augen….

    • Quer sagt:

      Wie wahr, liebe Ellen: Wer mit dem Herzen dabei ist, bleibt es in der Regel auch.
      Der DAV ist meines Wissens der Deutsche Alpenverein – für jene, die ihn nicht kennen. Bei uns wäre das Pendant dazu der Schweizer Alpen-Club SAC, dem ich aber nicht angehöre. Denn wir sind unterdessen eher begeisterte Spaziergänger als Wanderer oder gar Kletterer… :–)
      Sei lieb gegrüsst!

  11. C Stern sagt:

    Bei Aufenthalten in der Natur bin ich immer dankbar, einen Menschen an meiner Seite zu haben, der die Umgebung ebenso begeistert wahrnimmt, wie es meine Art ist. Sich über das Empfinden auszutauschen, ist auch etwas sehr Schönes.
    Liebe Grüße in Deinen Tag, C Stern

  12. Quer sagt:

    Das ist mir auch wichtig, C Stern. Es ist frustrierend, seine schönen Empfindungen mit jemandem teilen zu müssen, der oder die gelangweilt oder innerlich unbeteiligt bei der Sache ist.
    Liebe Retourgrüsse.

  13. Gerhard sagt:

    Ein Politiker, der Lyriker war?!

    Und die Lehre ausm Gedicht: Zwei sehen dasselbe und doch wieder nicht.
    Zweifelsfreie und eindeutige Grüße
    Gerhard

  14. Quer sagt:

    Tja, das soll es geben und gegeben haben, Gerhard. :–)
    Zu nennen wären da beispielsweise Ludwig Uhland (Deutschland), Alphonse de Lamartin (Frankreich) oder (aus der Schweiz) Gottfried Keller…

    Die Lehre aus dem Gedicht ist unmissverständlich so, wie du sagst.
    Lieben Dank und Gruss.

  15. Roswitha sagt:

    schöne, nach draußen lockende fotos, danke dafür. und beim text sehe ich wieder, es kommt auf den eigenen blickwinkel oder die stimmung an. lieben gruß, roswitha

  16. Hausfrau Hanna sagt:

    So ist es,
    liebe Frau Quersatzein,
    nicht alle können das ‚Alltägliche‘ beim Unterwegssein sehen und sich darüber freuen.
    Manche reisen vielleicht genau deshalb unermüdlich rund um die Welt…
    Der Wandergruppe auf dem zweiten Bild würde ich mich sofort
    anschliessen 🙂
    Einen herzlichen Gruss in den Abend
    Hausfrau Hanna

  17. Quer sagt:

    Vielleicht ist es eine Gabe, liebe Hausfrau Hanna, im Alltäglichen das Besondere und im Unscheinbaren das Bezaubernde zu sehen.
    Ja, das scheint eine aufgestellte Wandergruppe zu sein.
    Auch Ihnen einen herzlichen Abendgruss.

  18. mano sagt:

    es ist ein wenig wie mit dem halbleeren und dem halbvollen glas. man muss sich einlassen auf die schönheit im kleinen wie auch im großen. der wanderer mit dem verklärten, begeistertem gesicht tut mir ein wenig leid, einen solchen begleiter gehabt zu haben ;)!
    frische morgengrüße von mano

  19. Quer sagt:

    Danke für deine Enschätzung, liebe Mano.
    Ja, für den engagierten Wanderer muss das nicht einfach gewesen sein. :–)
    Und das mit dem Wasserglas ist ein feiner Vergleich.
    Liebe Grüsse in deinen frühen Tag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert