Archiv der Kategorie: Gedichte

Wiesenschaum

Foto Brigitte Fuchs: Wiesenschaumkraut

 

Kraut und Kräutchen
für die Braut und Leichtsinn
unters Kleid einen Schimmer
Rüschenrausch eine Wimper
ein Wimperchen Schwindel ein
bisschen Arm unter sie
ein klein bisschen Zauber ist
nicht Kräutchen noch Kraut
ist kein Kind mehr das Kind
läuft liebleicht hinaus

 

Brigitte Fuchs
Aus „Suchbild mit Garten“ Gedichte, Kukuruz Verlag. Lüchingen 1998

 

Foto Brigitte Fuchs: Wiesenschaukraut, pardon, Wiesenschaumkraut

 

 

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Zum Welttag des Buches

Foto Brigitte Fuchs: Plakat aus dem Jahre 2009

 

 

Lesen und Schreiben

Der US-amerikanische Schriftsteller William Faulkner (2897-1962) empfahl, alles zu lesen von Schund bis zur Klassik, sowohl Gutes als auch Schlechtes, und beim Lesen darauf zu achten, wie es gemacht sei. Sich zu schulen also, wie es beispielsweise ein Schreinerlehrling tue. Das Lesen werde haften bleiben. Danach könne das Schreiben beginnen.

 

 

Das Bilderbuch

Von der Poesie sucht Kunde
Mancher im gelehrten Buch,
Nur des Lebens schöne Runde
Lehret dich den Zauberspruch;
Doch in stillgeweihter Stunde
Will das Buch erschlossen sein,
Und so blick ich heut hinein,
Wie ein Kind im Frühlingswetter
Fröhlich Bilderbücher blättert,
Und es schweift der Sonnenschein
Auf den buntgemalten Lettern,
Und gelinde weht der Wind
Durch die Blumen, durch das Herz
Alte Freuden, alten Schmerz –
Weinen möcht ich, wie ein Kind!

 

 

Joseph von Eichendorff (1788-1857) deutscher Schriftsteller

 

 

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Schilflied

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Am stachen Seegestade,
Vom hohen Schilf umrauscht,
Geh’ ich auf ödem Pfade,
Von keinem Ohr belauscht.

Verschwunden meinen Blicken
Ist Turm und Binsendach,
Nur schlanke Halme nicken
Den flücht’gen Winden nach.

O Schilf mit lindem Flüstern,
O Schilf in stetem Schwung,
Verliehst wohl manchem düstern
Gemüt schon Sänftigung!

O neig auf schwankem Stamme’
Dich immer, immer zu,
Und lulle mir als Amme
Nun auch mein Herz in Ruh.

 

 

Johann Nepomuk Vogl (1802-1866) österreichischer Schriftsteller, Lyriker und Publizist

 

In eigener Sache:

Sorry: Hier geht es in den nächsten paar Tagen etwas reduziert zu.
Wir haben liebe Feriengäste zu Besuch und es bleibt daher wenig Zeit für den Austausch im Blog.

Die Beiträge erscheinen aber weiterhin täglich.

 

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Die Lache

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Eine Wundertüte dieser Morgen da
greift man hinein und holt Erstaunliches

heraus eine enzianblaue Lache für die
man sich Kinderstiefel wünschte und

den Leichtsinn gleich dazu ein aus der
Fassung gebrochenes Katzenauge das

im Gegenlicht blinzelt eine freundliche
fremdländisch sprechende Stimme man

könnte alles in die Tasche stecken den
Retroreflektor samt Stimme und Lache

man könnte die leere Tüte aufblasen
und diesen wunderlich stillen Morgen

platzen lassen mit einem einzigen Knall

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Gedichte, edition 8, Zürich 2014

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 

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Verzage nicht, mein Herz!

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Verzage nicht, mein Herz!
Das Ei kann Federn kriegen
und aus der engen Schale
zum Himmel fliegen.

 

 

Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter

 

 

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Zärtlichkeiten

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Ein paar Schritte gehen vom Wasserschloss

zum nahen See den aufgeweichten Moorwiesen

entlang der Frühling legt Blütenteppiche aus

für den Osterspaziergang – Buschwindröschen

Himmelsschlüssel und Dotterblumen – da und

dort stehen junge Weiden Spalier es duftet nach

nassem Gehölz nach Mutters Küchenkräutern

und in den Bäumen singt der gemischte Chor ein

Potpourri aus Verkündigung und Vogelhochzeit

 

Brigitte Fuchs

 

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Frohe Ostern!

 

 

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Nachts im Wald

Foto Brigitte Fuchs

 

Bist du nie des nachts durch Wald gegangen,
wo du deinen eignen Fuss nicht sahst?
Doch ein Wissen überwand dein Bangen:
Dich führt der Weg.

Hält dich Leid und Trübsal nie umfangen,
dass du zitterst, welchem Ziel du nahst?
Doch ein Wissen übermannt dein Bangen:
Dich führt dein Weg.

 

Christian Morgenstern (1871-1914) deutscher Dichter

 

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Nume du

Foto Brigitte Fuchs. Übersetzt von der Mundart in Schriftsprache: „NUR NUR DU“

 

Wir wollen uns immer die Hände halten

 

Wir wollen uns immer die Hände halten,
Damit unsere Seelen nicht in den kalten,
Notvollen Nächten einsam erfrieren.

Wir wollen uns immer tiefer finden,
Damit wir uns nicht wie die armen Blinden
Im schwarzen Walde traurig verirren.

Wir wollen uns immer die Hände halten,
Damit wir uns nicht zu tief in die Falten
Des unendlichen Lebens verlieren.

 

 

Francisca Stöcklin (1894-1931) Schweizer Dichterin und Künstlerin

 

Foto Brigitte Fuchs: Holzfiguren im Rahmen einer Skulpturenausstellung des Steinmetzverbandes in Bad Ramsach
im Jahre 2014

 

 

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Zusammenfassung

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Auch ich will die Krone nicht
wie soll ich euch denn kreisen
sehen über mir so hoch
erhobenen Kopfes mit der Angst
die Zacken fallen zu hören
all das Gold zu Füssen und ihr
von der Umlaufbahn getragen
zur einzig unrichtigen Zeit

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Suchbild mit Garten“ Gedichte, Kukuruz Verlag, Lüchingen 1998

 

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Was wollen mir vertraun die blauen Weiten

Fotos Brigitte Fuchs

 

Was wollen mir vertraun die blauen Weiten,
Des Landes Glanz, die Wirrung süsser Lieder,
Mir ist so wohl, so bang! Seid ihr es wieder
Der frommen Kindheit stille Blumenzeiten?

Wohl weiss ich’s – dieser Farben heimlich Spreiten
Deckt einer Jungfrau strahlend reine Glieder;
Es wogt der grosse Schleier auf und nieder,
Sie schlummert drunten fort seit Ewigkeiten.

Mir ist in solchen linden, blauen Tagen,
Als müssten alle Farben auferstehen,
Aus blauer Fern sie endlich zu mir gehen.

So wart ich still, schau in den Frühling milde,
Das ganze Herz weint nach dem süssen Bilde,
Vor Freud, vor Schmerz? – ich weiss es nicht zu sagen.

 

Joseph von Eichendorff (1788-1857) deutscher Dichter

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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