Archiv der Kategorie: Gedichte

Rosen

Foto Brigitte Fuchs

 

So regnet es sich langsam ein,
Und immer kürzer wird der Tag und immer
Seltener der Sonnenschein.
Ich sah am Waldrand gestern ein paar Rosen stehn.
Gib mir die Hand und komm – wir wollen sie uns pflücken gehn.
Es werden wohl die letzten sein.

 

 

Cäsar Flaischlen (1864-1920) deutscher Lyriker und Mundartdichter

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Palmenträume

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

(…)

Das Haupt ans Haupt gelehnt und Hand in Hand,

Mit heimwehkranker Seele träumten wir

Von einer fernen Südseeinsel Strand,

Wo reicher die Natur und farbenheisser,

Wo lilasilbern Meereswogen leuchten

In winddurchkoster, schwüler Tropennacht,

Wo still und träumerisch und sinnlich-mild,

Das Leben weiterfliesst, wo keine Schranken

Des Herzens träumerisch-bizarre Wünsche

Stumpfsinnig-kühl verneinen und zerstören.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Wo bist du, meine ferne Südseeinsel?

 

Felix Dörmann (1870-1928) österreichischer Schriftsteller, Librettist und Filmproduzent
Schlussteil des Gedichtes „Im Palmenhaus“ aus „Sensationen“, Gedichte, Wien 1892

 

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Die Katzen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Sie sind sehr kühl und biegsam, wenn sie schreiten,
Und ihre Leiber fliessen sanft entlang.
Wenn sie die blumenhaften Füsse breiten,
Schmiegt sich die Erde ihrem runden Gang.

Ihr Blick ist demuthaft und manchmal etwas irr.
Dann spinnen ihre Krallen fremde Fäden,
Aus Haar und Seide schmerzliches Gewirr,
Vor Kellerstufen und zerbrochnen Läden.

Im Abend sind sie gross und ganz entrückt,
Verzauberte auf nächtlich weissen Steinen,
In Schmerz und Wollust sehnsuchtskrank verzückt
Hörst du sie fern durch deine Nächte weinen.

 

Marie-Luise Weissmann (1899-1929) deutsche Lyrikerin und Schriftstellerin

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Nebel

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Du, trüber Nebel, hüllest mir
Das Tal mit seinem Fluss,
Den Berg mit seinem Waldrevier
Und jeden Sonnengruss.

Nimm fort in deine graue Nacht
Die Erde weit und breit!
Nimm fort, was mich so traurig macht,
Auch die Vergangenheit!

 

 

Niklaus Lenau (1802-1850) ungarisch-österreichischer Dichter

 

Foto Brigitte Fuchs: Allerheiligenberg

 

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Herbstliches Spiel

Fotos Brigitte Fuchs: Heiternplatz Zofingen

 

 

Herbstliches Spiel

 

Der Herbst spielt eine Partie «Mensch

ärgere dich nicht» mit den Brunnen der Stadt

platziert da und dort seine Hütchen rückt

jeden Tag ein paar Felder weiter immer sind

seine Figuren im Vormarsch manchmal würfelt

der Wind mit rückt die Partie zurecht schickt

die Konkurrenten zurück an den Start

 

 

Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs: Brunnen auf dem Heiternplatz Zofingen

 

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Erster November

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Da draussen ist frühe Nebelnacht,
Die hat den Tag um Stunden bestohlen,
Hat aus den Fenstern Laternen gemacht.
Ich möchte mir den Mond herholen,
Dass ich einen hätt‘, der ewig lacht,
Denn die Nacht ist wie ein schwarzes Bett.
Dort hat der Tod, wie auf Lagern aus Kohlen,
Gedankenlos als Dieb seine Ruhestätt‘.
Weiss nicht, ist die Stadt draussen klein oder gross,
Ob Menschen drin hausen, oder bin ich allein,
Denn ein jeder Tag schwarz wie der Fluss fortfloss,
Und beklagt gingen viele zur Nacht hinein.
Auch Vater und Mutter haben gefragt,
Und niemandem wurde der Weg gesagt.
Auch Vater und Mutter wurden zu Stein,
Ein Stein, der sich über dem Grabe schloss.
Drauf lese ich heut‘ ihre Namen bloss,
Nur noch die Namen sind beide mein.
Woher sie kamen, wohin sie gingen, –
Ich kann die Nacht nicht zum Reden zwingen.

 

Max Dauthendey (1867-1918) deutscher Dichter und Maler

 

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Poem

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Es hat uns oft noch nach Mitternacht in die lauschigen Schenken getrieben.
Die dumme Sehnsucht nach Wundern gab keine Ruh,
Und wir wären so gern, ach so gern noch sitzen geblieben –
Aber man machte schon zu!

In den Gartencafés hat’s uns zu blonden Mädchen getrieben.
O wie im Zauber so schön war oft so ein herbstliches Rendezvous …
Und wir wären so gern noch bei einer sitzen geblieben –
Aber man schloss die Herztür schon zu!

Nun ist’s viel zu spät schon, um noch weiter dies Leben zu üben –
Wie liebten wir alle dies bittre, bittre Getu!
Und man wär so gern doch ewig sitzen geblieben …
Aber man machte schon zu!

 

Jakob Haringer (1898-1948) deutscher Schriftsteller

 

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Weg

Foto Brigitte Fuchs

 

Jeder Weg ist schön, auf den ein wenig Licht fällt.

 

Paul Steinmüller (1870-1940) deutscher Autor

 

 

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Der Abend

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
Wunderbar mit allen Bäumen,
Was dem Herzen kaum bewusst,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Und es schweifen leise Schauer
Wetterleuchtend durch die Brust.

 

Joseph von Eichendorff (1788-1857) deutscher Dichter und Schriftsteller

 

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Zu dir

Foto Brigitte Fuchs

 

Sie sprangen aus rasender Eisenbahn
Und haben sich gar nicht weh getan.

Sie wanderten über Geleise,
Und wenn ein Zug sie überfuhr,
Dann knirschte nichts. Sie lachten nur.
Und weiter ging die Reise.

Sie schritten durch eine steinerne Wand,
Durch Stacheldrähte und Wüstenbrand,
Durch Grenzverbote und Schranken
Und durch ein vorgehaltnes Gewehr,
Durchzogen viele Meilen Meer. –

Meine Gedanken. –

Ihr Kurs ging durch, ging nie vorbei.
Und als sie dich erreichten,
Da zitterten sie und erbleichten
Und fühlten sich doch unsagbar frei.

 

Joachim Ringelnatz (1883-1934) deutscher Dichter und Erzähler, Maler, Kabarettist und Seefahrer
Aus „Flugzeuggedanken“ 1929

 

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