Archiv der Kategorie: Gedichte

Frohe Ostern!

Foto Brigitte Fuchs

 

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen,
Und ertrage dein Geschick,
Neuer Frühling gibt zurück,
Was der Winter dir genommen.

Und wie viel ist dir geblieben!
Und wie schön ist doch die Welt!
Und, mein Herz, was dir gefällt,
Alles, alles darfst du lieben!

 

 

Heinrich Heine (1797-181856) deutscher Dichter und Schriftsteller

 

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Ostern naht!

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Ostern naht! Die jungen Knospen schwellen.

Rauschend zieht der klare Bach zu Tal.

Schimmernd spielt auf den bewegten Wellen

Hoffnungsgoldner Frühlingssonnenstrahl.

 

 

Anna Dix (1874-1947) deutsche Dichterin

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Frühling

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

 

Die Bäume im Ofen lodern.
Die Vögel locken am Grill.
Die Sonnenschirme vermodern.
Im übrigen ist es still.

Es stecken die Spargel aus Dosen
Die zarten Köpfchen hervor.
Bunt ranken sich künstliche Rosen
In Faschingsgirlanden empor.

Ein Etwas, wie Glockenklingen,
Den Oberkellner bewegt,
Mir tausend Eier zu bringen,
Von Osterstören gelegt.

Ein süsser Duft von Havanna
Verweht in ringelnder Spur.
Ich fühle an meiner Susanna
Erwachende neue Natur.

Es lohnt sich manchmal, zu lieben,
Was kommt, nicht ist oder war.
Ein Frühlingsgedicht, geschrieben
Im kältesten Februar…

 

 

Joachim Ringelnatz (1883-1934) deutscher Dichter, Schriftsteller, Kabarettist und Seefahrer

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Monolog

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Zwischen Horchenden und Spähern,
tauben, blinden Nie-Verstehern,

bin ich meinem Wahn ergeben,
leb mein tief geheimes Leben.

Um mich her ist Abenteuer.
Überall Gefahr und Feuer!

Keiner weiss, dass er mich kenne,
ob ich blute oder brenne.

 

 

Alfred Grünewald (1884-1942) österreichischer Schriftsteller
Aus „Lass meine Seele dir Heimat sein“

 

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Wenn ich mir einst eine Hütte will bauen…

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Wenn ich mir einst eine Hütte will bauen,
Will ich nach einem Stamm umschauen,
Wo in der Mitte Bienen wohnen,
Am Fuss Ameisen und Tauben auf den Kronen;
Damit, wenn ich draus die Hütte gebauet,
Von Honigseim sie sei durchtauet,
Von Emsigkeit sie sei verschönet,
Und von Eintracht still bekrönet.

 

 

Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter
Gedicht mit dem Titel: „Aus der Jagdtasche eines missmutigen Schützen“

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Heim

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Unsere Zimmer haben blaue Wände
und wir wandeln leisehin durch Himmelweiten,
und am Abend legen Innigkeiten
mit Engelaugen ineinander unsere Hände.

Und wir erzählen uns Geschichten,
bis der Morgen kommt in Silberglocken
und dem Dämmersteine in den Locken,
der Sonne winkt durchs Tor von Wolkenschichten;

Und wie sie tanzt auf unseren wiesenhellen
Teppichen, leicht über sanftverschlungene Blumenstiele!
Zum Liebeslauschen laden unsere Stühle,
und von den Pfeilern fallen Seidenquellen.

 

Else Lasker Schüler (1869-1945) deutsche Schriftstellerin und Dichterin jüdischer Herkunft

 

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März

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Ah! Wie die buttergelbe Sonne
Uns wärmend durch die Poren dringt!
Wie neu erwachte Frühlingswonne
Uns das vergrämte Herz beschwingt!

Dem wintermüden Menschentume
Erheitert ihr die Phantasie,
Schneeglöckchen, Veilchen, Schlüsselblume
Und was auf Wiesen sonst gedieh!

Im Mistbeet herrscht ein reges Leben;
Das drängt sich an das helle Licht
Und will uns bald Gemüse geben,
Will Zutat sein zum Leibgericht.

Und wie sich froh den Hühnersteissen
Entringt das liebe Osterei!
So mag sich die Natur befleissen,
Dass sie nebst schön auch schmackhaft sei.

Das Starkbier regelt dann die Stühle,
Wenn Hertling spricht, ist’s ebenso,
Man sitzt im Frühlingslustgefühle
Und wird im Sitzen lebensfroh.

 

 

Ludwig Thoma (1867-1921) deutscher Schriftsteller und Rechtsanwalt

 

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Daheim

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Daheim, daheim! Nach so viel Wandertagen,

Nach so viel Nächten, wo ich sturmverschlagen

Schlaflos im Schiff ersonnen meinen Reim,

Nach Frost und Glut auf öden Felsenstiegen,

Nach ew’ger Hast – o welche Zauber liegen

In diesem kleinen Wort: Daheim!

 

 

Emanuel Geibel (1815-1884) deutscher Lyriker und Dramatiker
Erste von acht Strophen seines Gedichtes „Daheim“

 

 

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Mit viel Fantasie

Foto Brigitte Fuchs: Einkaufszentrum in Zürich

 

Auf einem vergoldeten Blumenschiff
mit Ebenholzmasten und Purpursegeln
schwimmen wir ins offene Meer.

Hinter uns,
zwischen Wasserrosen,
schaukelt der Mond.

Tausend bunte Papierlaternen
schillern an seidenen Fäden.

 

Arno Holz (1863-1929) deutscher Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker
Aus „Phantasus“ Erstes Heft, Berlin 1898

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Es lebe die Mode

Fotos Brigitte Fuchs

 

Für die Mode, nicht dagegen
Sei der Mensch! – Denn sie erfreut,
Wenn sie sich auch oft verwegen
Vor dem grössten Kitsch nicht scheut.

Ob sie etwas kürzer, länger,
Enger oder anders macht,
Bin ich immer gern ihr Sänger,
Weil sie keck ins Leben lacht.

Durch das Weltall sei’s gejodelt
Allen Schneidern zum Gewinn:
Mode lebt und Leben modelt,
Und so haben beide Sinn.

 

Joachim Ringelnatz (1883-1934) deutscher Dichter, Kabarettist und Seefahrer

 

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