Archiv der Kategorie: Gedichte
Erinnerung
Foto Brigitte Fuchs: Bild in einem Schaufenster in Zofingen
Hier will ich sitzen und ruhen
An diesem lieblichen Ort,
Will schweifen lassen das Auge
In’s Weite von Ort zu Ort.
Will stille sitzen und denken
An Alles was ich geliebt,
Will Alles, Alles vergessen,
Was mich verletzt und betrübt.
Und kann ich es denn verbannen,
Woran ich nicht denken will?
Wie bleibt es beim frohen Erinnern
Im Herzen so öd’ und so still!
Es sind so innig verbunden
In mir die Freuden und Weh’n,
Dass nur vereint sie entschlummern,
Vereinigt nur aufersteh’n!
Luise Büchner (1821-1877) deutsche Frauenrechtlerin und Schriftstellerin; Schwester von Georg Büchner
Aus „Frauenherz. Gedichte“, Berlin: Max Hirsch 1862
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Im Park
Foto Brigitte Fuchs
Mittagszauber
Goldstaub die Luft! – Der stille Park verträumt,
Die Rosen schwer, vom eignen Dufte trunken,
Und jeder Halm von weissem Licht umsäumt,
Und selbst das Erlenlaub in Schlaf versunken.
(…)
Hedwig Dransfeld (1871-1925) deutsche Politikerin, Schriftstellerin und Lehrerin
Erste von fünf Strophen ihres Gedichts „Mittagszauber“

Fotos Brigitte Fuchs
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Der Baum
Foto Brigitte Fuchs
Trotzig
Trug ich mein zauses Haupt
Stiess gegen die Wolken an
Lockte den Donner gern
Wenn ein Sturm
Tückisch griff nach meinen Vögeln
Die mir in den Achselhöhlen schliefen
Ich boxte ihn tot
Aber seitdem
Drunter eine blasse Winde
Mit den blassen Ärmchen mich umarmt
Veracht ich den Kampf
Ich habe nur einen Wunsch noch
Niederzubeugen
Niederzubersten
Um besser nur
Ihren Duft zu atmen
Yvan Goll (1891-1950) deutsch-französischer Dichter

Foto Brigitte Fuchs
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Der Vogelflug
„O, sieh’, welche Wonne hier oben uns blüht,
Wenn kreisend wir schweben im blauen Zenith,
Und unter uns dehnt sich gebreitet
Die herrliche, sonnenbeschienene Welt,
Umspannt vom erhabenen Himmelsgezelt,
An dem nur Dein Blick uns begleitet!“
Otto Lilienthal (1848.1896) deutscher Luftfahrtpionier
Gedichtstrophe aus seinem Band „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ – Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik“. Das Buch ist die wichtigste flugtechnische Veröffentlichung aus der Frühzeit der Luftfahrt. Die erste Auflage erschien im Oktober 1889 bei R. Gaertners Verlagsbuchhandlung in Berlin in einer Auflage von 1000 Exemplaren; dieser folgte 1910 eine zweite Auflage bei Oldenbourg. Erst nach der Veröffentlichung seines epochalen Werks ging Lilienthal an den Bau von Gleitflugzeugen.

Beide Fotos Brigitte Fuchs
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Sommermittag
Fotos Brigitte Fuchs: Alte Mühle beim Schloss Hallwil
Nun ist es still um Hof und Scheuer,
Und in der Mühle ruht der Stein;
Der Birnenbaum mit blanken Blättern
Steht regungslos im Sonnenschein.
Die Bienen summen so verschlafen;
Und in der offnen Bodenluk‘,
Benebelt von dem Duft des Heues,
Im grauen Röcklein nickt der Puk.
Der Müller schnarcht und das Gesinde,
Und nur die Tochter wacht im Haus;
Die lachet still und zieht sich heimlich
Fürsichtig die Pantoffeln aus.
Sie geht und weckt den Müllerburschen,
Der kaum den schweren Augen traut
„Nun küsse mich, verliebter Junge;
Doch sauber, sauber! nicht zu laut.“
Theodor Storm (1817-1888) deutscher Schriftsteller, Novellist und Dichter
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Mal wieder, weil es so schön passt …
Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Denn auf den letzten Teil der Reise.
(So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.)
Joachim Ringelnatz (1883-1934) deutscher Dichter, Kabarettist und Seefahrer


Alle Fotos Brigitte Fuchs
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Der Glücksvogel
Foto Brigitte Fuchs
Es fliegt ein Vogel in dem Hain,
Und singt und lockt: man soll‘ ihn fangen.
Es fliegt ein Vogel in dem Hain,
Aus dem Hain in den Wald, in die Welt hinein,
In die Welt und über die See.
Und könnte wer den Vogel fangen,
Der würde frei von aller Pein,
Von aller Pein und Weh‘.
(…)
Adelbert von Chamisso (1781-1838) französisch-deutscher Naturforscher und Dichter
Erste von drei Strophen seines Gedichtes „Der Glücksvogel“
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Am See
Fotos Brigitte Fuchs
1.
Im tiefen Walde einsam ruht
Der See mit dämmerblauem Schein,
Es zittert in die dunkle Flut
Des Sommers heisser Mittagsschein.
Ein Wasserröslein still erblüht
Im See so einsam, duftigrot,
Ein Schwan so einsam ihn durchzieht
Und singt sein Lied vor seinem Tod.
2.
Es blaut und glitzert im Grund der See
Zwei Schwäne darüber zogen;
Sie sangen ein Lied so süss und weh,
Es rauschten so leise die Wogen.
Ich stand am See und lauschte hinaus,
Als müsse ich ewig lauschen,
Als ob meiner Jugend toller Braus
Noch einmal vorbei muss′ rauschen.
Franz Alfred Muth (1839-1890) deutscher Geistlicher, Schriftsteller und Lyriker

Fotos Brigitte Fuchs
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Nichts lässt sich sagen über das Blau
Foto Brigitte Fuchs
Nichts lässt sich sagen über das Blau
Jeden Abend waschen wir den Geruch
der Kindheit von den Füssen. Versuchen
die Farben auseinanderzuhalten. Das Gelb
steht Nerudas Vogel zu der das Nest mit
Zitronen füllt. Gelb in Gelb. Noch die in der
Luft vergrabene Hand schöpft Wasser aus
dem Meer. Nuancen.
Brigitte Fuchs
Aus „Solange ihr Knie wippt“, Gedichte, edition 8, Zürich 2002
Das Gedicht lehnt sich an an Pablo Nerudas „Buch der Fragen“

Fotos Brigitte Fuchs
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Es lacht in dem steigenden Jahr dir

Fotos Brigitte Fuchs
Es lacht in dem steigenden jahr dir
Der duft aus dem garten noch leis.
Flicht in dem flatternden haar dir
Eppich und ehrenpreis.
Die wehende saat ist wie gold noch,
Vielleicht nicht so hoch mehr und reich,
Rosen begrüssen dich hold noch,
Ward auch ihr glanz etwas bleich.
Verschweigen wir was uns verwehrt ist,
Geloben wir glücklich zu sein,
Wenn auch nicht mehr uns beschert ist
Als noch ein rundgang zu zwein.
Stefan George (1868-1933) deutscher Lyriker
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