Archiv der Kategorie: Gedichte

Alles zu seiner Zeit

Fotos Brigitte Fuchs: Therme in Schinznach Bad

 

 

Hat alles seine Zeit.
Das Nahe wird weit,
Das Warme wird kalt,
Der Junge wird alt,
Das Kalte wird warm,
Der Reiche wird arm,
Der Narre gescheit,
Alles zu seiner Zeit.

 

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) deutscher Dichter, Schriftsteller, Naturforscher und Staatsmann

 

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Mein Lied

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Einschneidend ist mein Lied und peinlich,
So frostig wie die Winternacht,
Es hätte sonst nach mir wahrscheinlich
Manch‘ Thörin Ähnliches gebracht;
In Versen rauh und lebensfeindlich,
Wie ich geweint, geflucht, gelacht,
So derb-unkünstlich, geistig-kleinlich,
So tief gefühlt und – seicht gemacht.

 

 

Ada Christen (1839-1901) österreichische Schriftstellerin und Dichterin

 

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Freilicht-Inszenierung

Foto Brigitte Fuchs: Terrasse beim Küntlerhaus Boswil

 

 

Ein Königreich (oder meine gesammelte

Verspieltheit in Quadrillen) für ein paar

Sätze aus deinem Repertoire komm schon

sag: Schön dich zu sehen – ein Wort

gibt das andere ein paar stereotype

Bewegungen zwei drei blind gesetzte

Schritte auf der Terrasse ein wenig Pathos

mehr braucht es nicht um unser Stück

noch einmal auf die Bühne zu holen

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Solange ihr Knie wippt“, Gedichte, edition 8, Zürich 2002

 

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Lieb‘ Mäuslein

Foto Brigitte Fuchs

 

 

„Hab‘ Acht, lieb‘ Mäuslein“, sprach Mutter Maus,
„Es frisst dich die Katze, gehst du heraus;
Und entkömmst du auch ihren Krallen,
So drohen auf allen Seiten dir Fallen.
Und – thu mir nie nach dem Specke lungern!“ –
Da fiel Vater Maus begütigend ein:
„Geh‘, Mütterchen, lass das Predigen sein;
Im Leben heisst’s: wagen oder verhungern.“

 

Gedichtchen von Unbekannt
Aus „Fliegende Blätter“, humoristische deutsche Wochenschrift (1845-1944)
Gelesen bei Aphorismen.de

 

 

Foto Brigitte Fuchs

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Morgenlicht

Foto Brigitte Fuchs

 

Wenn du am Morgen aufstehst, dann sage Dank für das Morgenlicht, für dein Leben und die Kraft, die du besitzt.
Sage Dank für deine Nahrung und die Freude, am Leben
zu sein. Wenn du keinen Grund siehst, Dank zu sagen,
liegt der Fehler bei dir.

 

Tecumseh (1768-1813), eigentlich Tecumtha oder Tikamthi „Der sich duckende Berglöwe“, politischer und militärischer Führer der nordamerikanischen Shawnee-Indianer (Sein Geburtsjahr ist nicht verbürgt.)

 

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Die Zeit geht nicht

Foto Brigitte Fuchs

 

Die Zeit geht nicht, sie stehet still,
Wir ziehen durch sie hin;
Sie ist ein Karavanserei,
Wir sind die Pilger drin.

Ein Etwas, form- und farbenlos,
Das nur Gestalt gewinnt,
Wo ihr drin auf und nieder taucht,
Bis wieder ihr zerrinnt.

Es blitzt ein Tropfen Morgentau
Im Strahl des Sonnenlichts;
Ein Tag kann eine Perle sein
Und ein Jahrhundert nichts.

Es ist ein weisses Pergament
Die Zeit, und jeder schreibt
Mit seinem roten Blut darauf,
Bis ihn der Strom vertreibt.

An dich, du wunderbare Welt,
Du Schönheit ohne End‘,
Auch ich schreib‘ meinen Liebesbrief
Auf dieses Pergament.

Froh bin ich, dass ich aufgeblüht
In deinem runden Kranz;
Zum Dank trüb‘ ich die Quelle nicht
Und lobe deinen Glanz.

 

Gottfried Keller (1819-1890) Schweizer Schriftsteller, Dichter und Politiker

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 

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Winterwanderung

Fotos Brigitte Fuchs: Känerkinden, Basel-Landschaft

 

 

Da liegt sie, die grosse Pastete,
Die weite Landschaft vor mir,
Herr Winter, der wack’re Konditor,
Versah sie mit Schmuck und Zier.

Dass er so viel Zucker streute,
Geschah den Kindern zulieb,
Doch was er mit glitzernder Reimschrift
Darauf und darüber schrieb –

Das ist für den Wanderer,
Das ist für mich, für mich,
Und ich deut‘ und entziff’re
Die Schrift auch Strich für Strich.

Das nichtigste Ding erglänzet
Im Strahl des Sonnenlichts,
Was macht nach diesem Exempel
Manch Einer aus seinem Nichts!

Drauf krächzt die heisere Dohle,
Ich nick‘ und lache dazu,
Im Thale wirds trüb und neblig,
Es ballt sich der Schnee am Schuh –

(…)

 

Franz Stelzhamer (1802-1874) österreichischer Dichter und Novellist
Erste fünf von 14 Strophen seines Gedichtes „Winterwanderung“

 

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Winterspiele

Fotos Brigitte Fuchs

 

An den Winter

 

Willkommen, lieber Winter,
Willkommen hier zu Land!
Wie reich du bist, mit Perlen
Spielst du, als wär‘ es Sand!

Den Hof, des Gartens Wege
Hast du damit bestreut;
Sie an der Bäume Zweige
Zu Tausenden gereiht.

Dein Odem, lieber Winter,
Ist kälter, doch gesund;
Den Sturm nur halt‘ im Zaume,
Sonst macht er es zu bunt!

 

Elisabeth Kulmann (1808-1825) hochbegabte, doch sehr früh verstorbene deutsch-russische Dichterin

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Gedicht für einen Wintertag

Foto Brigitte Fuchs: Beromünster

 

 

Es sieht ringsum nach Winter aus

mit etwas Schnee und Windgebraus.

Die Krähe, sie sitzt hoch im Baum,

sitzt ruhig da, bewegt sich kaum.

 

Vielleicht steht ja die Erde still,

wenn man es wünscht und wirklich will.

Und sei es nur für diese Zeit,

die endlos scheint, so hell, so weit.

 

 

Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Neues Jahr

Foto Brigitte Fuchs: Heitern, Zofingen

 

 

Wieder ein Ring am Baum,
der seine Wurzeln in Traum
taucht und Tiefe der Nacht.

Wieder ein Zeichen der Zeit,
die durch die Ewigkeit
tastende Menschen erdacht.

Wieder um Weh und Wahn
kreisend gemessene Bahn,
bis wir am Ziel erwacht.

 

 

Richard von Schaukal (1874-1942) österreichischer Jurist, Essayist und Lyriker

 

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