Foto Brigitte Fuchs
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Meditation, zum Coupéfenster hinaus
Wie die langen Telegrafenstangen
jene schwarzen, dünnen Drähte, die
grad sich zu erheben angefangen,
immer wieder niedergehen, wie
diese dunkeln regelmäßigen Stäbe,
die das Auf und Ab und Auf und Ab
stetig kontrollierend in der Schwebe
halten –:
also von der Wiege bis zum Grab
drückt auch dich, o Mensch, bei allem Streben
(seist du Amme, Kanzler, Redakteur),
drückt auch dich, o Mensch, im ganzen Leben,
nieder, nieder, nieder –
das Malheur.
Kurt Tucholsky
Er sah mehr als andere.
Liebe Grüße von Eva, es ist plötzlich schrecklich kalt bei mir …
Wahrscheinlich schon.
Oh, du Arme! Hier ist es schon ungemütlich kalt. Wie muss es dann erst bei dir im Norden sein…
Pack dich warm ein, liebe Eva! Und sei wärmstens gegrüsst!
da hoffen wir doch, wenn das malheur sich eingestellt hat,
bald wieder auf ein bisschen bonheur…
meilleurs salutations et une bonne journée 🙂
Das hoffen wir inständig und immer!
Allors, à la bonheur, monsieur!
Bonne journée et au revoir!
Auf deinem Foto hängen die Seile ja sehr straff und gehen nicht gleich nieder. Toll finde ich, wie er diese Seile beschreibt. Man sieht sich im Zug sitzen und es geht auf und ab….
Für heute: bonheur statt malheur!
liebe Grüße von Ellen
Ich finde das Gedicht auch toll, Ellen.
Es schwingt beim Lesen melodisch richtig auf und ab, wie man es im Zug sitzend beobachten kann – wunderbar!
Dir auch einen Tag ohne jedes Malheur!
Sei lieb gegrüsst!
Bei mir hat sich gleich ein bisschen Fantasie eingefügt:
Mit etwas Schnee an den „Armen“, könnte der Strommast als modernes, reduziertes Weihnachtsbäumchen beschrieben werden. Und wenn die Schneemassen zu reichlich ausfallen, dann kann tatsächlich ein Malheur passieren …
Liebe Grüße in den Vormittag,
C Stern
Genau, C Stern, der Mast könnte als grossgeratener Weihnachtsbaum durchgehen… :–)
Ein Lächeln und liebe Grüsse zu dir.
Aus dem Zugfenster zu schauen hat wirklich was meditatives. Das tun wir heute viel zu selten.
Hab einen schönen Tag, ganz ohne Malheur!
Heitere Grüsse und warme Füße
Britta
Ja, das stimmt.
Wer fährt heutzutage noch so richtig entspannt und aufnahmefähig im Zug…?
Dir auch einen harmlosen Tag mit warmen Füssen und freudigem Sein!
und dann schwingts wieder rauf, daran
will ich mich mal halten;-).
toll, wie er das beschreibt, was er
beim blick aus dem coupéfenster
sieht und es mit innerem verbindet.
und deine fotos dazu – wie immer –
so klasse, auch der header!
liebe grüße in den tag (der hier leider grau, nieselig und verhangen ist)
Sylvia
Lieben Dank, Sylvia.
Ja, was nach unten schwingt, muss auch wieder nach oben schwingen.
Das lässt uns hoffen und vertrauen.
Hab trotz des Niesels einen guten Tag!
Hier müht sich die Sonne durch das Gewölk.
Herzlichen Gruss.
wunderbar wie er diese optik der reisenden beschreibt, die du so passend bebildert hast! leider mahnte er nur vor dem niederdrücken, so ist es immer: es kommt auf die innere verfassung an beim schauen. (hätte er mit lotte geplaudert, wäre der text etwas anders.) herzlichen gruß von roswitha
Genau, Roswitha, so, wie wir gestimmt sind, nehmen wir auch die Umgebung wahr, mal eher betrübt, mal recht zuversichtlich.
Bei ihm war das gewiss auch so.
Sei ebenfalls herzlich gegrüsst!
Abgesehen vom grand malheur: alles gut.
Gruß von Sonja
Genau.
Lieben Gruss zurück.
Malheure gibt es viele im Leben
die einen niederdrücken,
niederdrücken können
wenn man ihnen zuviel Gewicht beigibt!
Doch manchmal kann man nicht umhin
als sie zu bemerken
weil es kratzt
weil es schmerzt
weil es einen von oben nach unten stellt.
Liebe Grüsse
Gerhard
Ja, so ist das, Gerhard.
Nicht alles, was uns niederdrückt, können wir einfach ignorieren.
Das Schwere (manchmal Allzuschwere) gehört leider auch zum Leben.
Einen lieben Gruss.
Ein toller Text zum Bild, liebe Brigitte. Ja, zugfahren hat was, ein auf und ein ab, wie im richtigen Leben. Liebe Grüsse Ernst
Ja, das lässt sich gut miteinander vergleichen.
Schön, dass die das Zusammenspiel von Bild und Text gefällt, Ernst.
Einen lieben Gruss.
Wie gross,
liebe Frau Quer,
das Amt auch ist: Jeder Mensch erlebt Malheur.
Mich spricht diese Meditation sehr an, die Tucholsky wohl nach einer seiner Zugfahrten durch Schweden niedergeschrieben hat!
Lieben Gruss in den leicht nebligen Abend
Hausfrau Hanna
Ja, das Schicksal trifft alle, ob jung oder alt, reich oder arm, berühmt oder unbedeutend.
Das mit Schweden könnte ich mir gut vorstellen, werte Hausfrau Hanna.
Der obige Text stammt allerdings aus dem Jahre 1914, was bedeutet, dass Tucholsky wohl noch in Deutschland wohnte. Aber vielleicht war er ja schon damals gelegentlich in Schweden unterwegs…
Einen lieben Gruss in den Abend hinein, der hier ausnahmsweise mal klar begann.
Das Auf und Ab der langen Telegrafenstangen…
Tja, so ähnlich ist das, was uns im Leben widerfährt. Mal Auf, mal ab, wie bei einer Berg- und Talbahn. Langweilig wird es uns eigentlich nie…
Mal haben wir ein Malheur überwunden, denken, nun kann nichts mehr passieren, schon kommt das nächste angeschlichen.
Genau so ist es, Bruni: ein ständiges Auf und Ab.
Dir einen schönen Dezemberabend und liebe Grüsse.
Ich bin auch eine leidenschaftliche Zugfahrerin. Erstaunlich, worüber man so alles meditieren kann. Allein die Wolkenformationen auf dem Bild laden mich schon ein.
Ein sehr schönes Gedicht, liebe Brigitte.
Liebe Grüße aus dem nasskalten Brandenburg,
Anna-Lena
Dann passt das ja besonders gut für dich.
Ich selber fahre nur selten mit dem Zug. Aber die Szenerie konnte ich mir dennoch sofort vor Augen führen, da ich sie ganauso schon erlebt habe. :–)
Einen lieben Gutenachtgruss zu dir.
Vielleicht wird es morgen nass (oder gar weiss) bei uns.
Diese Beobachtung des Auf und Ab der Telegrafendrähte beim Zugfahren habe ich auch noch in Erinnerung. Tucholsky hat das wunderbar abgeleitet.
Eine wunderbare Idee, Dein Adventkalender mit ihm.
Anlass für mich, einmal wieder seine Werke zu lesen.
🙂
Das freut mich enorm, dass Tucholsky bei dir und vielen Anderen so gut ankommt. (Ich selber habe ihn durch diese Textauswahl auch besser kennen gelernt.)
Ja, er war ein exzellenter Beobachter und verstand es hervorragend, seine „Erkenntnisse“ in passende Texte zu transferieren.
Es macht Freude, ihn wieder oder neu zu lesen.