Adventskalenderfenster XX

Foto Brigitte Fuchs

 

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Das macht das Fenster, dass wir «draussen» sagen –
und weil wir selber drinnen sind.
Nach draussen muss man schauernd fragen,
denn draussen ist der Wind.

Laternen stehn
schon hundert schwarze Nächte –
und abends, bald nach zehn,
wenn mancher schlafen möchte,
graut wohl die Strasse blass
und schweigend aus der Flut
von Seufzern, Stein und Glas.

Nun ist es unser Blut,
das so gewaltig rauscht –
da hält der Wind im Tanz den Schritt,
bleibt manchmal stehn,
als ob er lauscht.
Und die Laternen gehen
noch lange durch die Träume mit.

 

Wolfgang Borchert (1921-1947) deutscher Schriftsteller
Gedicht mit dem Titel „Draussen“

 

 

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18 Antworten auf Adventskalenderfenster XX

  1. mona lisa sagt:

    Wohl dem, der ein Draußen hat.
    Herzliche Morgengrüße

  2. Eva sagt:

    Er wußte ganz besonders, wie sehr man „draußen“ und ausgeschlossen sein konnte von dem, was hinter den Fenstern ist, der arme, junge Dichter meiner Heimatstadt.

    Liebe Grüße von Eva

  3. Quer sagt:

    Ja, es ist so tragisch, dass er als junger Mann sterben musste. Und höchst erstaunlich, dass er in dieser kurzen Lebenszeit so wunderbare Texte, Gedichte und Bühnenwerke schrieb wie „Draussen vor der Tür“.
    Besonders fasziniert hat mich auch immer wieder sein nachstehendes Gedicht:

    „Ich möchte Leuchtturm sein
    in Nacht und Wind –
    für Dorsch und Stint –
    für jedes Boot –
    und bin doch selbst
    ein Schiff in Not!“

    (Wolfgang Borchert: „Laterne, Nacht und Sterne“, Gedichte um Hamburg)

    Dir ein Dankeschön, Eva, und lieben Gruss in deine zweite Heimat.

  4. PepeB sagt:

    „Draußen vor der Tür“ war damals Schullektüre bei uns, intensiv zu lesen, ebenso wie – und fast noch erschütternder – „Nachts schlafen die Ratten doch“.
    Draußen und drinnen, behaust und unbehaust, das scheint ihn nach seinen Kriegserlebnissen und angesichts der Zerstörung so vieler Städte sehr beschäftigt zu haben.
    Nie wieder Trümmerwüsten würde ich mir wünschen
    Petra

  5. Quer sagt:

    Dein Wunsch ist auch meiner, Petra, aber er wird wohl, wie wir angesichts der Weltlage befürchten müssen, nicht in Erfüllung gehen …
    Danke für deine Worte und lieben Gruss in den Tag.

  6. Gerhard sagt:

    Unser Blut ,
    Ja, das rauscht gewaltig
    Wie eine sehr grosse Maschine.

    Liebe Grüße Gerhard

  7. Roswitha sagt:

    mir geht es wie pepeB, bei bocherts namen fallen mir sofort texte ein, die mich in der jugend schon tief beeindruckten und die ich nie vergaß. so sehr wünsche ich frieden für die gequälten menschen, und erreiche nichts, weil ich nicht die macht habe. aber um mich kann ich helfen, ein friedvolles leben zu gestalten und mut zu säen. herzlichen gruß, roswitha

  8. Quer sagt:

    Genau so empfinde ich es auch, Roswitha.
    Und hoffe, zumindest im kleinsten Kreis um mich herum Ähnliches zu bewirken.
    Hab Dank und sei lieb gegrüsst!

  9. Hausfrau Hanna sagt:

    Ich schliesse mich,
    liebe Frau Quersatzein,
    still und beeindruckt von allem, was ich gelesen habe, den Kommentierenden an.
    Mit einem Danke an den so jung verstorbenen Wolfgang Borchert für seine Zeilen!
    Und einem Danke an Sie und alle Kommentierenden!
    Viele Grüsse
    Hausfrau Hanna

  10. Quer sagt:

    Wir sind somit alle berührt und beeindruckt von diesem Ausnahme-Schriftsteller.
    Auch Ihnen ein Dankeschön, liebe Hausfrau Hanna, und lieben Gruss von Blog zu Blog.

  11. Sonja sagt:

    Herrlich, die beiden letzten Zeilen!
    Adventliche Grüße von Sonja

  12. Anna-Lena sagt:

    Er war schon ein begnadeter Mensch, der Wolfgang Borchert. Halten wir in Ehren, was er uns als seinen Nachlass geschenkt hat.

    Liebe Grüße dir,
    Anna-Lena

  13. Quer sagt:

    Sicher, das machen wir, Anna-Lena.

    Lieben Dank und schöne Abendgrüsse zu dir.

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