Archiv der Kategorie: Gedichte
Giselheer dem Tiger
Über dein Gesicht schleichen die Dschungeln.
O, wie du bist!
Deine Tigeraugen sind süss geworden
In der Sonne.
Ich trag dich immer herum
Zwischen meinen Zähnen.
Du mein Indianerbuch,
Wild West,
Siouxhäuptling!
Im Zwielicht schmachte ich
Gebunden am Buxbaumstamm –
Ich kann nicht mehr sein
Ohne das Sk1869-1945)alpspiel.
Rote Küsse malen deine Messer
Auf meine Brust –
Bis mein Haar an deinem Gürtel flattert.
Else Lasker-Schüler (1869-1945) deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin jüdischer Herkunft
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Sei mir gegrüsst, du lieber Mai
Foto Brigitte Fuchs
Sei mir gegrüsst, du lieber Mai,
mit Laub und Blüten mancherlei!
Seid mir gegrüsst, ihr lieben Bienen,
vom Morgensonnenstrahl beschienen!
Wie fliegt ihr munter ein und aus
in Imker Dralles Bienenhaus
und seid zu dieser Morgenzeit
so früh schon voller Tätigkeit.
Für Diebe ist hier nichts zu machen,
denn vor dem Tore stehn die Wachen.
Und all´ die wacker´n Handwerksleute
die hauen, messen stillvergnügt,
bis dass die Seite sich zur Seite
schön sechsgeeckt zusammenfügt.
Schau! Bienenlieschen in der Frühe
bringt Staub und Kehricht vor die Tür;
Ja! Reinlichkeit macht viele Mühe,
doch später macht sie auch Pläsier.
Wilhelm Busch (1832-1908) deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller

Foto Brigitte Fuchs: Ausschnitt
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Frühlingslied
Foto Brigitte Fuchs
Sperr das Herz auf,
Denn es will Frühling werden.
Und im Frühling,
Da ist das Paradies auf Erden.
Und dann setzen wir uns stundenlang
Auf die grosse Promenadenbank.
Kurt Schwitters (1887-1948) deutscher Künstler, Maler und Dichter (Dadaist)
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Experimentelles zum 24. 4. 24
Foto Brigitte Fuchs
An der Aussenwand lehnen
An der Aussenwand lehnen mit
Zebrastreifen auf der Haut
Jemand verreist jemand reicht
eine Stimme weiter
Während die Motorsäge von der
Tonleiter steigt
kracht der Goldregen zu Boden
Dieser Tag ist ohne Zweifel unfähig
auf Zehenspitzen zu gehen
Jemand richtet sich auf – jetzt
darf ich schon nichts mehr sagen
Brigitte Fuchs
Aus „Handbuch des Fliegens“, Gedichte, edition 8, Zürich 2008
Heute stelle ich hier mal etwas Exklusives vor. Ein früheres Gedicht von mir. Das wäre an sich nichts Ungewöhnliches. Nun ist es aber so, dass unser zweiter Sohn, der in Grossbritannien im Informatik-Bereich tätig ist, mir kürzlich ein paar Versionen dieses Poems schickte. Er hatte davon mehrere Vertonungen mit künstlicher Audio-Intelligenz, genauer mit Suno erstellt.
(Suno AI, oder einfach Suno, ist ein generatives Musikerstellungsprogramm mit künstlicher Intelligenz, das darauf ausgelegt ist, realistische Songs zu generieren, die Gesang und Instrumentierung kombinieren.)
Nun ist der Gedichttext in verschienden Musikrichtungen zu hören, mal mit Sprechgesang, mal melodisch als Acappella-Gesang oder als Reggae-Version.
(Ich hoffe, Sie/ihr könnt darauf zugreifen. Wenn nicht, bin ich leider technisch nicht versiert genug, um Abhilfe zu schaffen.)
Zum Link:
Die Beispiele sind mit Suno erstellt und dürfen nicht weiter verlinkt werden. Sie dürfen weder kommerziell verwendet noch gestreamt werden.
Aber die Resultate finde ich spannend. Ich war erstaunt, wie gut die KI schon für solche Experimente (mehr ist es natürlich nicht) eingesetzt werden kann und wie überzeugend diese bereits klingen.
https://suno.com/playlist/a3a43009-f1da-4892-8f99-cde61fa29241
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Die Gunst des Augenblicks
Foto Brigitte Fuchs
(…)
Aus den Wolken muss es fallen,
Aus der Götter Schoss das Glück,
Und der mächtigste von allen
Herrschern ist der Augenblick.
Von dem allerersten Werden
Der unendlichen Natur,
Alles Göttliche auf Erden
Ist ein Lichtgedanke nur.
(…)
Friedrich Schiller (1759-1805) deutscher Dichter, Schriftsteller, Dramatiker, Philosoph und Historiker
Zwei von sieben Strophen des gleichnamigen Gedichtes

Foto Brigitte Fuchs
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Welch ein Fest!
Fotos Brigitte Fuchs
Nun werden grün die Brombeerhecken,
hier schon ein Veilchen – welch ein Fest!
Die Amsel sucht sich dürre Stecken,
und auch der Buchfink baut sein Nest.
Ferdinand Freiligrath (1810-1876) deutscher Dichter
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Die Turteltauben

(…)
Wie girren dort die Turteltauben;
Wer kann ihr Girren nicht verstehn?

Und o wie küssen sie so schön:

Dir solchen Kuss auch zu erlauben,
Dies hab’ ich ihnen abgesehn.
Anna Louisa Karsch (1722-1791) deutsche Dichterin
Aus „Duett zu einer Operette“, die letzte Strophe

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Sanfter Tag
Foto Brigitte Fuchs
Sanfter Tag
Es gibt Dinge die jünger werden beim
Betrachten diese Stuhllehne zum Beispiel
die sich mit breiten Satinschleifen brüstet
für die Hochzeit auf dem Lande
Noch sind nicht alle Vögel da doch sieh
wie traulich dieses frühe Licht auf altem
Silber liegt
Kannst du dich satt sehen je am Tüll der
Liebe ach lass ach lass das Gegenteil von
Wehmut brauchen wir nicht zu ermitteln
Brigitte Fuchs
Aus „Musik von weit her“, Gedichte, edition 8, Zürich 2020

Foto Brigitte Fuchs: Plakat vor einem Gartencenter
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Die zwei Gesellen – oder so…

Foto Brigitte Fuchs
Es zogen zwei rüst’ge Gesellen
Zum erstenmal von Haus,
So jubelnd recht in die hellen,
Klingenden, singenden Wellen
Des vollen Frühlings hinaus.
Die strebten nach hohen Dingen,
Die wollten, trotz Lust und Schmerz,
Was Rechts in der Welt vollbringen,
Und wem sie vorübergingen,
Dem lachten Sinnen und Herz. –
(…)
Joseph von Eichendorff (1788-1857) deutscher Lyriker
Die ersten zwei von sechs Strophen des Gedichtes „Die zwei Gesellen“, entstanden 1818
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Vetter Starmatz
Fotos Brigitte Fuchs
Wenn der Starmatz wieder heimkommt und der Frost nicht mehr dräut,
ach, was sind da die Kinder für glückliche Leut‘!
Denn da schwirrt’s bald und da schwebt’s bald in Lüften zuhauf,
und da tun bald alle Blümlein ihre Äugelchen auf.
»Vetter Starmatz, Vetter Jakob, was bringst du uns mit?«
»Ein bissel Knarren, ein bissel Flöten, ein bissel Zwitschern, ich bitt‘.
Keine Taschen im Rocke, kein Ränzchen ist mein,
wo tät‘ ich in der Fremde für euch was hinein?«
(…)
Victor Blüthgen (1844-1920) deutscher Dichter und Schriftsteller
Erste von drei Strophen des gleichnamigen Gedichtes
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