Archiv der Kategorie: Gedichte

Sag, liebst du’s nicht…

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Sag, liebst du’s nicht, wenn dann und wann
in deinen grauen Tag
ein Vogel piept, ein Bäumlein grüsst,
ein heller Glockenschlag?

Sag, meinst du nicht, dass dem und dem
das Leben nicht so schwer,
wenn man ihm Blüte, Glockenlied
und Vogelstimme wär

und einmal da und einmal dort
in Finsternisse stieg
mit einem hellen Sonnenherz
und schenkte – dankte – schwieg?

 

Margarete Seemann (1893-1949) österreichische Roman-, Kinder- und Jugendbuchautorin

 

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Das Veilchen

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Im Stillen blühest, Veilchen, du hervor,
Verkündest uns des Frühlings neues Leben.
Wenn deine süssen Düfte uns umschweben,
Dann schwingt mein Geist sich sehnsuchtsvoll empor.

(…)

 

Luise Egloff (1802-1835) Schweizer Dichterin, die kurz nach der Geburt erblindete
Erste Strophe des Sonetts mit dem obigen Titel

 

 

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Frohe Ostern!

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Osterwonne

Narzissen, Primeln, Tulpen blühen,
der Frühling lässt die Knospen sprühen.
Die Küken und die Falter schlüpfen.
Im Garten sieht man Kinder hüpfen.
Das Wetter gibt sich wandelbar:
von nasskalt über trüb bis klar.
Doch zeigt sich ab und zu die Sonne,
verspürt man sie, die Osterwonne.
Die dunklen Tage sind vorbei,
im Nest aus Stroh liegt Ei an Ei.

 

Brigitte Fuchs

 

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Karfreitagsfische

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Das alles ist nicht mein Bereich –
Was soll ich mir viel Sorge machen?
Die Fische schwimmen glatt im Teich
Und kümmern sich nicht um den Nachen.

 

 

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) Dichter und Universalgelehrter
Aus „Zahme Xenien 3“

 

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Magnolie

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Der Tulpenbaum hat über Nacht
All seine Blumen aufgemacht,
Die weissen Sterne leuchten weit
In ihrer keuschen Herrlichkeit.

Es ist, als hätts die Nacht bedacht,
Was Liebes sie dem Tag vermacht,
Damit von ihrem Märchenglanz
Ein Schimmer leb in seinem Kranz.

Er aber, überreich an Licht,
Bedarf der fremden Sterne nicht,
Und bald entblättert, schnell und sacht,
Das liebliche Geschenk der Nacht.

 

Gustav Falke (1853-1916) deutscher Schriftsteller und Dichter
Aus der Sammlung „Frohe Fracht“

 

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An ***

 

 

Du mahnst mich an ein Frühlingslüftchen,
Das jählings aus dem Süden kam,
Urplötzlich fächelt’s meine Wangen,
Verscheuchend allen Wintergram.

Du mahnst mich an die Schlüsselblume,
Die, wenn noch Schnee die Felder deckt,
Im Wald aus jungen Gräserspitzen
Sein zartes Stengelhälschen streckt.

 

 

 

 

Du mahnst mich an die erste Lerche,
Die sich aus feuchten Furchen schwingt,
Und unsichtbar im blauen Aether
Die unbewusste Hymne singt.

An Alles mahnst du mich, du Holde,
Was je mein junges Herz geliebt,
Was meinem müden Geiste Flügel
Und meiner Seele Tröstung gibt!

 

 

Ferdinand Sauter (1804-1854) österreichischer Dichter

 

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Die Amsel

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Wie tönt an Frühlingstagen
So schwermuthsreich und hold
Der Amsel lautes Schlagen
In’s stille Abendgold.

Es schimmert an den Zweigen
Ein zartverhülltes Grün,
Die jungen Säfte steigen,
Und es beginnt zu blühn.

Doch nicht mit Jubeltönen
Begrüsst die Amsel nun
Die Tage, jene schönen,
Die in der Zukunft ruhn.

Es klingt wie Leides Ahnung,
Sie singt im schwarzen Kleid
Schon jetzt die trübe Mahnung,
Wie kurz die schöne Zeit.

 

Heinrich Seidel (1842-1906) deutscher Ingenieur und Schriftsteller

 

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Wie die Biene

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Wie die Biene
Flogest du,
Froher Miene
Sogest du
Blütenthau, o welchen
Thau aus allen Kelchen
Saugend zogest du!

(…)

Wie die Biene,
Sei nicht bang,
Froher Miene,
Mein Gesang!
Diese Schmerzen taugen,
Lust daraus zu saugen
Unter Bienenklang.

 

Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter
Zwei von fünf Strophen des gleichnamigen Gedichtes aus „Kindertotenlieder“

 

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Gartenfreuden

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Sie müssen wissen, mein Herr,
dass ich das Vergnügen,
das wir in einem Garten geniessen,
als eine der unschuldigsten
Freuden des Lebens erachte.
Ein Garten war die Wohnung unseres
ersten Elternpaares vor dem Sündenfall.
Daher ist er von Natur aus
dazu geeignet, das Gemüt mit Stille
und Frieden zu erfüllen und
alle seine stürmischen Leidenschaften
zur Ruhe zu bringen.

 

 

Joseph Addison (1672-1719) englischer Dichter, Politiker und Journalist

 

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An baches ranft

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An baches ranft
Die einzigen frühen
Die hasel blühen.
Ein vogel pfeift
In kühler au.
Ein leuchten streift
Erwärmt uns sanft
Und zuckt und bleicht.
Das feld ist brach ·
Der baum noch grau…
Blumen streut vielleicht
Der lenz uns nach.

 

 

Stefan George (1868-1933) deutscher Dichter
Aus „Der siebente Ring“ Blätter für die Kunst, Berlin 1907

 

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