Einsames Land! Einsamer Baum darinnen!

Fotos Brigitte Fuchs: Blätter des Ginkgo-Baumes

 

(…)

Einsames Land! Einsamer Baum darinnen!
Süss ist das Stehn und Sinnen
Unter deinen Zweigen.
Aus deinen Wipfeln sinkt es nieder,
Das Selig-Dämmernde und Schweigende.
Die Hände strecke ich aus, und sie füllen sich
Mit unsichtbaren Blättern, und ich fühle das ganz
Im reifgewordenen Herzen.

Baum, an deinem Stamm, unter deinen Zweigen
Ward ich ein blinder Mann, und sammle ein
Die Gaben, die aus deinen Wipfeln niedersinken.
Das Herrlichste, es sinkt mir auf das Haupt,
Und auf die Schultern, liegt zu meinen Füssen.
Es verschüttet mich.
Reicht eine Harfe! Das Tief-Ewige
Umschauert mich.

 

Fotos Brigitte Fuchs: Blätter des Ginkgo-Baumes

 

Es dringt ein Glanz herein in meine Nacht.
Das muss die Träne sein, die draussen auf der Schwelle
Des Hauses lagert und den Mond anblickt.
Reicht mir die Harfe! Glänzender war ich nie!
Schliesst die Pforten auf! öffnet die Fenster!
Ihr Alle, Alle, kommt zum grossen Fest!

(…)

Alfred Mombert (1872-1942) jüdisch-deutscher Schriftsteller und Dichter
Aus seinem Zyklus „Der himmlische Zecher“ Nr. 8;
Text aus dem Internet

 

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14 Antworten auf Einsames Land! Einsamer Baum darinnen!

  1. merlin sagt:

    heute also dominiert gelb, von der bank im header über die blätter!
    der name des gedichtzyklus ist interessant.
    dann der blätterregen, der den autor, dem ich das erste mal begegne, inspiriert.
    was das wohl für ein grosses fest ist?
    glg. durch die wunderbare morgenstimmung mit abnehmendem mond am himmel.

  2. Quer sagt:

    Danke für deine engagierten Zeilen, Merlin.
    Ich vermute, mit dem grossen Fest ist einfach der Zauber des Schauens gemeint oder der Farbenreichtum des Herbstes (der nun langsam abebbt…). Vielleicht spricht er aber auch von der Geliebten, der Sehnsucht, dem Heimatland, dem Leben…
    Lassen wir ihn noch etwas wirken, diesen festlichen Spätherbst!
    Lieben Gruss ins Heute.

  3. mona lisa sagt:

    Im reifgewordenen Herzen ist Platz für soviel Poesie und Sinnlichkeit.
    Merci aus dem heute sehr trüben Speckhorn.

  4. Quer sagt:

    So ist es, Mona Lisa. Wunderbar gesagt ist das von dir.
    Lieben Gruss durch das Nebelgrau, das sich nun etwas lichtet.

  5. Britta sagt:

    Wunderschön, deine Herbstbilder! Und dazu diese poetischen Zeilen. Eine schöne Art dem Herbst und dem Leben zu danken! Hier scheint bereits die Sonne, das macht den Herbst umso goldener:-)
    Heitere Grüsse Britta

  6. Quer sagt:

    Danke, Britta.
    Auch hier will die Sonne sich in Szene setzen, allerdings vorerst noch mit bescheidenem Erfolg.
    Herzlichen Gruss.

  7. Hausfrau Hanna sagt:

    Das Gedicht,
    liebe Frau Quer,
    des mir (ebenfalls) unbekannten Schriftstellers und Dichters hat etwas tief Spirituelles und sehr Persönliches.
    Ich werde es anschliessend nochmals lesen.

    Ein schönes Herbstwochenende und liebe Grüsse aus basel
    Hausfrau Hanna

  8. Quer sagt:

    So empfand ich das auch, liebe Hausfrau Hanna. Es ist ein kleiner Teil eines langen Gedicht-Zyklus, den man z.B. hier nachlesen kann:

    https://gutenberg.spiegel.de/buch/der-himmlische-zecher-6962/3

    Auch Ihnen ein erfreuliches Herbstwochenende und ganz liebe Grüsse.

    P.S. Der Postbote brachte eben feine Herbsmessepost! Vielen Dank schon mal!

  9. Szintilla sagt:

    Mein Ginkgo-Bäumchen verlor seine Blätter schon vor drei Wochen und reckt seine Arme nun kahl in die Welt.
    Ich war gestern Abend Blätter sammeln, aber die Ausbeute war mager, es hängt noch viel an den Bäumen von dem was ich suche. 🙂

    Lieben Samstagsgruß,
    Szintilla

  10. Quer sagt:

    Ja, die Ginkgo-Blätter fallen zuhauf.
    Andere Bäume dagegen wehren sich noch tapfer gegen die Herbstwinde.

    Einen lieben Retourgruss zu dir.

  11. Sonja sagt:

    „Glänzender war ich nie.“
    In meinem Garten steht recht versteckt auch ein solches Bäumchen, morgen gehe ich schauen nach der Farbe…
    Nachtgruß von Sonja

  12. Quer sagt:

    Ja, mach das, Sonja! Ich tippe auf sonnengelb.
    Lieben Gruss.

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