Die Fische

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Die Wasserlilien reiche Flut,
Die mit so manchem Kraut, mit Schilf und Binsen,
Mit Meergras, Moos und Wasserlinsen
Geschmücket und bedeckt in glatter Stille ruht,
Wird öfters unversehns beweget.
Schau, wie sich dort
Im grünen Widerschein der Büsche
Ein blauer Schwarm beschuppter Fische
Mit frohem Wimmeln reget
Und wunderschnell sein flüssigs Wohnhaus trennt.
Sie fliegen durch ihr schlüpfriges Element
Mit Schwingen ohne Federn fort;
Man kann, wenn sie sich fröhlich drehen,
Der Schuppen Silber glänzen sehen.

 

 

Barthold Heinrich Brockes (1680-1747) deutscher Schriftsteller des Barock

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Leise Herbsttage

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Die silberne Allee der Weiden
Dreht sich schon tagelang im Wind nach Ost.
Die Blumen rollen ihre Seiden,
Im Sonnenscheine zittert fern ein Frost.

Die Seele fährt auf leisen Achsen,
Und alles, was ein großes Glück heisst, stört,
Denn unsichtbare Wurzeln wachsen
Zu grösserm Glücke, heiss und unerhört.

Und über allem, was man vornimmt,
Liegt ein Verschweigen wartender Geduld,
Und hinter alles, was ins Ohr klingt,
Lauschst du auf eine unverhoffte Huld.

 

 

Oskar Loerke (1884-1941) deutscher Dichter

 

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Das Schaf

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Ein Schaf stand nah am Weidezaun
und schickte sich, mich anzuschau’n.
(Dabei vergass es, Gras zu kau’n.)

Es schaute aufmerksam und lauschte,
sogar, wenn ich den Platz kurz tauschte,
derweil kein Wind, kein Flugzeug, rauschte,

Es trug um seinen Hals ein Band
und stand sehr wissend da am Rand.
Was war es bloss, das uns verband?

 

 

Brigitte Fuchs

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Schauspiel

Fotos Brigitte Fuchs

 

Der Mut bietet immer ein schönes Schauspiel.

 

Alexandre Dumas, der Ältere (1802-1870) französischer Schriftsteller

 

 

Fotos Brigitte Fuchs: Parcours für Kanuten auf der Limmat in Baden

 

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Herbst

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Nun kommen die letzten klaren Tage
Einer müderen Sonne.
Bunttaumelnde Pracht,
Blatt bei Blatt.
So heimisch raschelt
Der Fuss durchs Laub.
O du liebes, weitstilles Farbenlied!
Du zarte, umrissreine Wonne!
Komm!
Ein letztes Sonnenblickchen
Wärmt unser Heim.
Da wollen wir sitzen,
Still im Stillen,
Und in die müden Abendfarben sehn.
Da wollen wir beieinander sitzen
In Herbstmonddämmer hinein
Und leise
Verlorene Worte plaudern.

 

 

Johannes Schlaf (1862-1941) Deutscher Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Übersetzer

 

Foto Brigitte Fuchs

 

 
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Spatzen-Catering

Fotos Brigitte Fuchs

 

Dass Spatzen sich gerne verpflegen,
das muss ich wohl nicht erst belegen.
An Brunnen und Pfützen gibt’s Wasser,
doch leider auch Vogelschiss-Hasser.

Die älteren Herren und Damen
sind löbliche Menschheits-Ausnahmen.

Sie locken mit Delikatessen
und bieten den Vögeln indessen
auch Catering an, Nuss und Fett:
Das finden die Sperlinge nett.

 

Brigitte Fuchs

 

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Letzter Hafen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Rauer Wind für den alten Kapitän sein

Schiff knarrt das Leck im Unterdeck rostet

was gäbe so einer für ein neues Logbuch

für eine Handbreit Wasser unter dem Kiel

ach die Augen sind längst keine Ausgucke

mehr da draussen nur Land in Sicht und

am Rollator weder Anker noch Segel

 

 

Brigitte Fuchs
Aus „Musik von weit her“, Gedichte, edition 8, Zürich 2020

 

 

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Feurig nah geblickt (ein Anagramm)

Foto Brigitte Fuchs

 

FEURIG NAH GEBLICKT

 

HEUTIGER BLICKFANG

FAENGT BLICKE RUHIG

 

 

Brigitte Fuchs

 

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Ahnungen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Der Mondschein hat dies eigen, wie uns deucht,
Er scheinet uns die Welt der Geister aufzuschliessen:
Man fühlt sich federleicht,
Und glaubt in Luft dahinzufliessen;
Der Schlummer der Natur hält rings um uns herum
Aus Ehrfurcht alle Wesen stumm;
Und aus den Formen, die im zweifelhaften Schatten
Gar sonderbar sich mischen, wandeln, gatten,
Schafft unvermerkt der Geist sich ein Elysium.
Die Werktagswelt verschwindet. Ein wollustreiches Sehnen
Schwellt sanft das Herz. Befreit von irdischer Begier
Erhebt die Seele sich zum wesentlichen Schönen,
Und hohe Ahnungen entwickeln sich in ihr.

 

 

Christoph Martin Wieland (1733-1813) deutscher Dichter zur Zeit der Aufklärung

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Beredsamkeit

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Es gibt eine Beredsamkeit in Blick und Haltung, die nicht weniger überzeugt, als die Beredsamkeit des Wortes.

 

 

François de La Rochefoucauld (1613-1680) französischer Offizier, Diplomat und Schriftsteller

 

 

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