Archiv der Kategorie: Texte

Sommersonnenwende

Fotos Brigitte Fuchs

 

Denken Sie an einen Sommertag, scheint der nicht unermesslich?
Und das ist noch gar nichts, denn der Sommer hat viele Tage.
Und keiner ist ganz wie der andere, jeder ist ein Wunder für sich.
Draussen sind überhaupt lauter Wunder, und alle sind für uns.
Wenn wir nicht hinschauen, wer kann dafür?

 

 

Rainer Maria Rilke (1875-1926) Lyriker deutscher Sprache, Schriftsteller und Übersetzer
Aus der Erzählung „Im Leben“ 1898/99

 

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Kleine Stadtgärten

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

Weit und schön ist die Welt, doch wie dank ich dem Himmel,

dass ein Gärtchen, beschränkt, zierlich, mein eigen gehört.

Bringet mich wieder nach Hause! Was hat ein Gärtner zu reisen?

Ehre bringt’s ihm und Glück, wenn er sein Gärtchen versorgt.

 

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) deutscher Dichter und Universalgelehrter

 

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

 

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Blumensprache

Foto Brigitte Fuchs: Esparsette

 

 

Esparsette (Onobrychis)

Esparsette

Leicht reisst Amors Kette.

Treibe keinen Spott

Mit der Liebe Gott.

 

Alfred von der Aue (keine Lebensdaten vorhanden)
in „Neueste und ausgewählte Blumensprache in kleinen Denkversen und Sinngedichten“ erscheinen 1842 in Anclam beim Dietze Verlag

 

 

Feldblumen insgesamt

 

Du gehst vorüber,

O Du Lieber,

Und siehst nicht,

Und fühlst nicht,

Wie schön das grüne Gras,

Wie erfrischend und kühl und nass,

Und dazwischen die goldenen Sterne.

Musst du denn immer in die Ferne?

 

Alfred von der Aue (keine Lebensdaten vorhanden)
in „Neueste und ausgewählte Blumensprache in kleinen Denkversen und Sinngedichten“ erscheinen 1842 in Anclam beim Dietze Verlag

 

Foto Brigitte Fuchs

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Duselplätzchen

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Draussen am Hinterdeich hab ich mein Duselplätzchen. Ein kleines Stündchen gehts durch die blütendurchwölkten Gärten, an Blumenbeeten, Gräben, Wiesen und Feldern vorbei, und ich bin an Ort und Stelle.
Und dann lieg ich tief im Gras, in der hellen Sonne, die Hände unterm Genick, und pfeife und simuliere in den blauen Himmel und die milchweissen Frühlingswolken hinein.

 

 

Johannes Schlaf (1862-1941) deutscher Dramatiker, Erzähler und Übersetzer

 

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Waldkathedrale

Fotos Brigitte Fuchs

 

Etwas oberhalb der Gemeinde Beromünster kann man eintreten in die eindrucksvolle Atmosphäre der Waldkathedrale Schlössliwald. Eine Tafel informiert die Besucherinnen und Besucher der Anlage über deren Entstehung: Der vom Stift Beromünster 1790 mit der Planung eines Meditations- und Spazierweges beauftragte Stiftsbaumeister Purtschert liess hier 94 Rosskastanien und 3500 Hagebuchen pflanzen. Die Baumreihen bilden den Umriss einer Kirche mit Mittel-, Seitenschiff und Chor. Die Baumkronen bilden die Kuppel. Etwa ein Viertel der vor über 200 Jahren gepflanzten Rosskastanien stehen noch da, dazu kamen eine Reihe von imposanten Buchen. In den letzten Jahren wurde viel in den Unterhalt und die Erneuerung der Anlage investiert. Von den „Querschiffen aus“ bietet sich ein imposanter Blick auf das Umland oder auf den Stiftsbezirk und Flecken Beromünster. Eine abschliessende Baumgruppe bildet den „Chor“.

Heute gilt die Waldkathedrale weit über die Region hinaus als ein bedeutendes Denkmal der Gartenkunst, das seit 2008 unter Denkmalschutz steht. Der Schlössliwald ist ein Ort der Stille und soll so erhalten werden. Es scheint als ob Magie und christliches Kulturgut hier besonders stimmungsvoll aufeinander treffen.

 

Fotos Brigitte Fuchs

 

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Gärtnern

Fotos Brigitte Fuchs

 

Wohl nichts Anderes auf der Welt hat eine so beruhigende Wirkung und macht so zufrieden wie das Gärtnern: jene körperliche Betätigung, die den Geist beruhigt und den Deltamuskel stählt….

Zum Gärtnern braucht man einen gusseisernen Rücken mit einem Scharnier.

Die pralle Sonne auf dem Rücken, während man sich über Schaufel oder Hacke beugt oder beschaulich den warmen, duftenden Lehmboden riecht, ist heilender als manch eine Medizin.

 

Charles Dudley Warner (1829-1900) amerikanischer Jurist, Journalist und Schriftsteller

 

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Es ist ganz gleich…

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Es ist ganz gleich, ob ein Garten klein oder gross ist. Was die Möglichkeiten seiner Schönheit betrifft, so ist seine Ausdeh-
nung so gleichgültig, wie es gleichgültig ist, ob ein Bild gross oder klein, ob ein Gedicht zehn oder hundert Zeilen lang ist. Die Möglichkeiten der Schönheit, die sich in einem Raum von fünfzehn Schritten im Geviert, umgeben von vier Mauern, entfalten können, sind einfach unmessbar.

 

 

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) österreichischer Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker

 

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Einmal

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Einmal fand ich ein eigen blau Blümelein und dachte:
Wenn Du’s dem Elselein schenktest?
Dann aber musste ich lachen über die Torheit,
sah nach den Leimruten am Baum
und nach den Fischen im Bach.

(…)

 

Paul Klee (1879-1940) deutscher Maler und Grafiker
Erste Strophe seines Gedichtes „Drei Knaben“ aus dem Jahre 1900
aus „Paul Klee Gedichte“ Hrsg. von Felix Klee, Arche Verlag Zürich-Hamburg

 

Foto Brigitte Fuchs

 

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Windstösse

Foto Brigitte Fuchs

 

 

Die Bogenlampen, zu hoch über der Strasse, schwankten unsicher, wie
Windlichter. In verstaubten Anlagen wirbelten Papierknäuel. Ein zager Wind
erhob sich mit einzelnen Stössen. Es war, als wäre die Stadt gar nicht bewohnt.

 

 

Joseph Roth (1894-1939) österreichischer Schriftsteller und Journalist
Aus „Die Flucht ohne Ende“

 

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Die Ketten der Gedanken

Foto Brigitte Fuchs

 

Immer aber ist es so, dass das, was wir in einem Augenblick ungeteilt und ohne Fragen erleben, unverständlich und verwirrt wird, wenn wir es mit den Ketten der Gedanken zu unserem bleibenden Besitze fesseln wollen.

 

 

Robert Musil (1880-1942) österreichischer Schriftsteller und Theater-Kritiker

 

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