Monatsarchive: Januar 2022
Vom Kirschbaum
Fotos Brigitte Fuchs
Ist alles ganz kahl und still,
nicht mal im Grase sich’s regen will,
steht alles geduckt,
klappert im Frost und muckt
mit dem Winter. Der putzt es mit Rauhreif auf,
aber keines gibt was drauf.
Doch im Garten
sagt einer: Ich kann warten.
Ist jemand, du kennst ihn wieder kaum,
so dünn ist er worden: der Kirschenbaum.
Schläft er nicht?
Trau einer dem Wicht!
Heute mittag um eins
gab’s mal ein Pröbchen Sonnenscheins:
Darin – ich habe
das deutlich gesehn –
mit seinen Knospen
fingerte der alte Knabe,
ein wenig vorsichtig und geziert,
wie man Badewasser probiert.
Und über seine Runzeln
ging ein Schmunzeln.
Ferdinand Avenarius (1856-1923) deutscher Dichter und Schriftsteller
Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte
24 Kommentare
Spuren
Fotos Brigitte Fuchs
Versenke dich in den Himmel, das Wasser, die Bäume, die Töne und Düfte der Natur. Jedes an sich ist schön. Beobachtend wird sich dir ein tausendfaches Schönheitsbild darstellen.
Es gibt nichts, was nicht Spuren von Lieblichkeit, Wohllaut und Ebenmass trüge!
Charles Kingsley (1819-1875) englischer Pfarrer, Historiker und Schriftsteller
Und hier – auf Anregung von Petra – noch eine andere Art von Spuren, resp. Hinterlassenschaften. Sie wären so leicht zu vermeiden!

Foto Brigitte Fuchs: Abfall-Mahntafel bei einem Bauernhof im Luzernischen
Veröffentlicht unter Bilder, Texte
30 Kommentare
Brachiales
Fotos Brigitte Fuchs: Einige der Bilder zeigen Objekte, die der Eisenplastiker Freddy Madörin für die „Schlosserei Genussfabrik“ in Olten schuf.
Beiss-Ring
Hau-Degen
Kneif-Zange
Kratz-Bürste
Press-Wurst
Reiss-Zwecke
Schlag-Hammer
Stech-Palme
Stich-Säge
Stoss-Stange
Zerr-Spiegel
Zwick-Mühle
Brigitte Fuchs
Veröffentlicht unter Bilder, Kapriolen
18 Kommentare
Winterfreude
Foto Brigitte Fuchs
Hier, auf dem Südabhang hatte die Sonne den ganzen Tag geschienen und die harte Oberdecke erweicht. Bei jedem Schritt sank Rainer bis an die Knie in den tiefen Schnee. Das Springen und Versinken, das Gleiten und sich wieder Herausarbeiten machte ihm ein knabenhaftes Vergnügen. So hatte er’s lange nicht getrieben, lange nicht in solcher Weise die Winterfreude genossen.
Margarethe von Sydow (1869-1945) deutsche Schriftstellerin
Aus „Jungfrau Königin“, Bielefeld 1902 (unter dem Pseudonym Franz Rosen)

Fotos Brigitte Fuchs
Veröffentlicht unter Bilder, Texte
20 Kommentare
Limerick 122

Foto Brigitte Fuchs
Es sass Adeline aus Rheinen
mit übergeschlagenen Beinen
(vom Liebsten versetzt)
am Tisch, tief verletzt.
Ihr war wieder einmal zum Weinen.
Brigitte Fuchs
Nachtrag:
Wahlweise kann die letzte Zeile auch so lauten:
„Sie hätte, statt den, lieber keinen.“
Veröffentlicht unter Bilder, Kapriolen
22 Kommentare
Kurzer Spaziergang
Foto Brigitte Fuchs
Kurzer Spaziergang
Nirgends ein Hund zu sehen –
Heute beisst der Wind
Brigitte Fuchs
Aus „Musik von weit her“, Gedichte, edition 8, 2020

Foto Brigitte Fuchs
Veröffentlicht unter Bilder, Haiku
26 Kommentare
Trinklied im Winter
Fotos Brigitte Fuchs
Das Glas gefüllt!
Der Nordwind brüllt!
Die Sonn‘ ist niedergesunken!
Der kalte Bär
Blinkt Frost daher,
Getrunken, Brüder, getrunken!
(…)
Sauf‘ immerfort,
O Winternord,
Im schneebelasteten Haine;
Nur streu dein Eis,
O lieber Greis,
In keine Flaschen mit Weine!
Ludwig Hölty (1748-1776) deutscher Lieder-, Hymnen- und Balladendichter
Zwei der sechs Strophen seines gleichnamigen Gedichtes

Fotos Brigitte Fuchs
Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte
12 Kommentare
Wie rasch…
Foto Brigitte Fuchs
Wie rasch ein Jahr den Lauf vollbringt,
Sind deine Tage glückbeschwingt!
Von Treue warm, von Liebe hell,
Wie reihen sich die Jahre schnell!
Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898) Schweizer Dichter und Schriftsteller

Foto Brigitte Fuchs
Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte
20 Kommentare
Hebet, Wolkendecken…
Foto Brigitte Fuchs
Hebet, Wolkendecken,
Euch hinweg vom Licht! –
Liebe Wolkendecken,
Hebt euch lieber nicht!
Denn in meiner Seele
Bild‘ ich jetzt mir ein,
Wie zur Freude fehle
Nichts als Sonnenschein.
Mit der letzten Wolke
Seh‘ ich’s, die entfliegt,
Dass es an was anderm
Als den Wolken liegt.
Muss mir’s eingestehen,
Was ich mir verhehlt,
Dass zur Lust was andres
Als die Sonne fehlt.
Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter
Aus der Sammlung „Winter und Frühling“
Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte
20 Kommentare
Auf den Wegen, die verschneit sind…
Foto Brigitte Fuchs
Auf den Wegen, die verschneit sind
und im Dämmern dämmerweit sind,
wo die nächtigen Gedanken
des Verlassenen Geleit sind,
trifft du, einsam dich ergehend,
auch Beglückte, die zu zweit sind.
Alfred Grünewald (1884-1942) österreichischer Schriftsteller
Aus „Lass meine Seele dir Heimat sein“


Fotos Brigitte Fuchs
Veröffentlicht unter Bilder, Gedichte
20 Kommentare








