Archiv der Kategorie: Gedichte
Schilflied

Fotos Brigitte Fuchs
Am stachen Seegestade,
Vom hohen Schilf umrauscht,
Geh’ ich auf ödem Pfade,
Von keinem Ohr belauscht.
Verschwunden meinen Blicken
Ist Turm und Binsendach,
Nur schlanke Halme nicken
Den flücht’gen Winden nach.
O Schilf mit lindem Flüstern,
O Schilf in stetem Schwung,
Verliehst wohl manchem düstern
Gemüt schon Sänftigung!
O neig auf schwankem Stamme’
Dich immer, immer zu,
Und lulle mir als Amme
Nun auch mein Herz in Ruh.
Johann Nepomuk Vogl (1802-1866) österreichischer Schriftsteller, Lyriker und Publizist
In eigener Sache:
Sorry: Hier geht es in den nächsten paar Tagen etwas reduziert zu.
Wir haben liebe Feriengäste zu Besuch und es bleibt daher wenig Zeit für den Austausch im Blog.
Die Beiträge erscheinen aber weiterhin täglich.
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Die Lache
Foto Brigitte Fuchs
Eine Wundertüte dieser Morgen da
greift man hinein und holt Erstaunliches
heraus eine enzianblaue Lache für die
man sich Kinderstiefel wünschte und
den Leichtsinn gleich dazu ein aus der
Fassung gebrochenes Katzenauge das
im Gegenlicht blinzelt eine freundliche
fremdländisch sprechende Stimme man
könnte alles in die Tasche stecken den
Retroreflektor samt Stimme und Lache
man könnte die leere Tüte aufblasen
und diesen wunderlich stillen Morgen
platzen lassen mit einem einzigen Knall
Brigitte Fuchs
Aus „Es tanzt der Stein“ Gedichte, edition 8, Zürich 2014

Foto Brigitte Fuchs
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Verzage nicht, mein Herz!

Fotos Brigitte Fuchs
Verzage nicht, mein Herz!
Das Ei kann Federn kriegen
und aus der engen Schale
zum Himmel fliegen.
Friedrich Rückert (1788-1866) deutscher Dichter
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Zärtlichkeiten
Fotos Brigitte Fuchs
Ein paar Schritte gehen vom Wasserschloss
zum nahen See den aufgeweichten Moorwiesen
entlang der Frühling legt Blütenteppiche aus
für den Osterspaziergang – Buschwindröschen
Himmelsschlüssel und Dotterblumen – da und
dort stehen junge Weiden Spalier es duftet nach
nassem Gehölz nach Mutters Küchenkräutern
und in den Bäumen singt der gemischte Chor ein
Potpourri aus Verkündigung und Vogelhochzeit
Brigitte Fuchs

Fotos Brigitte Fuchs
Frohe Ostern!
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Nachts im Wald

Foto Brigitte Fuchs
Bist du nie des nachts durch Wald gegangen,
wo du deinen eignen Fuss nicht sahst?
Doch ein Wissen überwand dein Bangen:
Dich führt der Weg.
Hält dich Leid und Trübsal nie umfangen,
dass du zitterst, welchem Ziel du nahst?
Doch ein Wissen übermannt dein Bangen:
Dich führt dein Weg.
Christian Morgenstern (1871-1914) deutscher Dichter
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Nume du
Foto Brigitte Fuchs. Übersetzt von der Mundart in Schriftsprache: „NUR NUR DU“
Wir wollen uns immer die Hände halten
Wir wollen uns immer die Hände halten,
Damit unsere Seelen nicht in den kalten,
Notvollen Nächten einsam erfrieren.
Wir wollen uns immer tiefer finden,
Damit wir uns nicht wie die armen Blinden
Im schwarzen Walde traurig verirren.
Wir wollen uns immer die Hände halten,
Damit wir uns nicht zu tief in die Falten
Des unendlichen Lebens verlieren.
Francisca Stöcklin (1894-1931) Schweizer Dichterin und Künstlerin

Foto Brigitte Fuchs: Holzfiguren im Rahmen einer Skulpturenausstellung des Steinmetzverbandes in Bad Ramsach
im Jahre 2014
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Zusammenfassung
Foto Brigitte Fuchs
Auch ich will die Krone nicht
wie soll ich euch denn kreisen
sehen über mir so hoch
erhobenen Kopfes mit der Angst
die Zacken fallen zu hören
all das Gold zu Füssen und ihr
von der Umlaufbahn getragen
zur einzig unrichtigen Zeit
Brigitte Fuchs
Aus „Suchbild mit Garten“ Gedichte, Kukuruz Verlag, Lüchingen 1998
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Was wollen mir vertraun die blauen Weiten
Fotos Brigitte Fuchs
Was wollen mir vertraun die blauen Weiten,
Des Landes Glanz, die Wirrung süsser Lieder,
Mir ist so wohl, so bang! Seid ihr es wieder
Der frommen Kindheit stille Blumenzeiten?
Wohl weiss ich’s – dieser Farben heimlich Spreiten
Deckt einer Jungfrau strahlend reine Glieder;
Es wogt der grosse Schleier auf und nieder,
Sie schlummert drunten fort seit Ewigkeiten.
Mir ist in solchen linden, blauen Tagen,
Als müssten alle Farben auferstehen,
Aus blauer Fern sie endlich zu mir gehen.
So wart ich still, schau in den Frühling milde,
Das ganze Herz weint nach dem süssen Bilde,
Vor Freud, vor Schmerz? – ich weiss es nicht zu sagen.
Joseph von Eichendorff (1788-1857) deutscher Dichter

Foto Brigitte Fuchs
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Verflogene Sehnsucht
Foto Brigitte Fuchs
Die Frühlingsnacht naht lind und lau
Durch träumende Gelände.
Wie süsser Atem einer Frau
So lösungsmild, so zart, so lau
Sind ihre weichen Hände.
Die tragen Deine Sehnsucht fort,
Du fühlst sie Dir entschwinden …
Nun weisst Du nicht ihr Ziel und Wort,
Suchst Deine Sehnsucht fort und fort
Und kannst sie nimmer finden …
Stefan Zweig (1881-1942) österreichischer Schriftsteller
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Fenster
Fotos Brigitte Fuchs
Wenn Birkenblätter wie goldner Schaum
wirbeln auf welkenden Matten,
spinn unter Dach deinen friedlichen Traum
in Mitternachts Wolkenschatten.
Wenn der Wind an deinem Fenster erscheint,
ein schneebleicher Freiersmann,
träume, dass er es gut mit dir meint
und dir nichts anhaben kann.
Träume vom spielenden Sonnenstaub,
dem heiteren, sonnenwarmen,
und dass du, umhegt von grünem Laub,
geschlafen in meinen Armen.
Erik Axel Karlfeldt (1864-1931) schwedischer Lyriker und Sekretär der Schwedischen Akademie, Nobelpreisträger für Literatur 1931 (posthum)
Gedicht mit der Überschrift „Serenade“
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